Unionsvize drängt weiter auf stärkere Internetüberwachung

Schwarz-Gelb hat sich eigentlich geeinigt, den Vorstoß des Innenministeriums für ein neues Sicherheitspaket zunächst auf Eis zu legen. CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach macht sich trotzdem erneut für die Quellen-TKÜ stark. Auch der Streit um die Vorratsdatenspeicherung geht weiter.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 168 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hat sich nach Angaben von Mitgliedern des Bundeskabinetts eigentlich darauf geeinigt, den Plan von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für ein neues Sicherheitspaket auf Eis zu legen. Nachdem aber berichtet wurde, dass angeblich islamische Extremisten in Pakistan Terroranschläge auch in Deutschland geplant haben, forderte Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nun aber doch wieder, die deutschen Anti-Terror-Gesetze zu verschärfen. Es müsse zumindest ein weiteres "Minipaket" geschnürt werden, sagte der Innenpolitiker der Mainzer Allgemeinen Zeitung.

Bosbach setzt sich für eine sichere Rechtsgrundlange für die Überwachung verschlüsselter Telekommunikation ein. In dem Sicherheitspaket aus dem Innenministerium ist von einer entsprechenden gesetzlichen Regelung der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) die Rede. Dabei geht es um das Abhören von Internet-Telefonaten direkt auf dem Rechner des Betroffenen. Die dazu eingesetzte Technik ist vergleichbar mit der des Bundestrojaners, auch wenn bei der Quellen-TKÜ offiziell nur auf die laufende Kommunikation – nicht auf Festplatteninhalte – zugegriffen werden darf. In einem Strategiepapier der FDP-Bundestagsfraktion wird solch ein Verfahren als "unverhältnismäßig" abgelehnt.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, wirbt unterdessen wieder einmal für einen neuen Vorstoß zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren. Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, habe im Bundestagsinnenausschuss "gravierende Fälle" geschildert, die mangels Pflicht zur Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten "in diesem Jahr nicht aufgeklärt werden konnten". So sei es nicht möglich gewesen, "den Täter eines feigen Mordes an einem Polizisten zu ermitteln". Eigentlich sollte Ziercke laut Teilnehmerkreisen anhand des BKA-Lagebilds zur Organisierten Kriminalität für 2009 über Erfolge der damals teils noch gültigen Vorratsdatenspeicherung berichten. Dazu habe er aber keine neuen Erkenntnisse geliefert.

Die Telekommunikations- und Internetwirtschaft rät unterdessen ab, die Speicherverpflichtungen neu zu regeln. Zunächst müsse die laufende Evaluierung der Brüsseler Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung durch die EU-Kommission abgewartet werden, erklärte Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), gegenüber heise online. Das sei in der Branche Konsens, wie sich während eines Workshops des Bundesjustizministeriums am Montag gezeigt habe. Jetzt vorzupreschen, "wäre zu heikel und zu teuer". Sobald die neue EU-Linie stehe, könne man dann schauen, ob und mit welchem Verfahren diese dann umgesetzt werden könnten.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte zuvor nach einem Koalitionsgespräch mit Innen- und Rechtspolitikern erklärt, dass bestehende Sicherheitsgesetze vorerst nicht ausgeweitet würden. Aktuell sei nichts "außer der Evaluierung der bestehenden Terrorismus-Bekämpfungs-Gesetze", sagte die FDP-Politikerin dem Hamburger Abendblatt. Die Runde habe sich darauf verständigt, dass alle weiteren in die Diskussion eingebrachten Vorschläge "im Moment nicht prioritär weiterverfolgt werden sollen", hieß es dazu im Innenressort. (anw)