EuGH stärkt Datenschutz von Landwirten

Der Europäische Gerichtshof hat die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrarsubventionen gekippt. Die vom Verwaltungsgericht Wiesbaden vorgelegten Fragen zur Vorratsdatenspeicherung ließen die Richter unbeantwortet.

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrarsubventionen gekippt. Die Brüsseler Maßgabe für Mitgliedsstaaten, neben Namen und Anschrift der Betroffenen auch die genaue Höhe der Beihilfen im Internet offen zugänglich zu machen, sei "unverhältnismäßig", erklärte die Große Kammer in einem am heutigen Dienstag verkündeten Urteil (Az.: C-92/09). In einer demokratischen Gesellschaft hätten die Steuerzahler zwar einen Anspruch darauf, über die Verwendung der öffentlichen Gelder informiert zu werden. Dieser müsse aber mit dem Recht der Empfänger auf Achtung ihres Privatlebens und dem Schutz ihrer personenbezogenen Informationen abgewogen werden. Das lasse die Vorschrift nicht erkennen.

Die Publikation der Subvention geht auf eine "Transparenzinitiative" der EU aus dem Jahr 2005 zurück. Danach sollen Ausgaben leichter überprüfbar sein und die EU-Organe für ihre Arbeit besser zur Rechenschaft gezogen werden können. Hierzulande veröffentlichte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung die Angaben über Empfänger von Mitteln bislang auf einem gesonderten Portal. Zudem speicherte der Betreiber der Webseite zeitweilig nach eigenen Angaben bei jedem Zugriff auf den Server die IP-Adresse der Nutzer "zur Verbesserung des Internetdienstes".

Mehrere deutsche Gerichte erklärten die Praxis der Bundesanstalt für rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden erhob aber gravierende Bedenken und legte dem EuGH zwei Klagen hessischer Landwirtsbetriebe vor. Dabei monierten die Richter auch, dass Bürger, die sich über die Beihilfenempfänger informieren wollten, gezwungen würden, "sich einer Vorratsdatenspeicherung auszusetzen". Diese sei aber "in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig". Deswegen möge der EuGH auch die Rechtsgültigkeit der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten mit prüfen. Die Luxemburger Richter sahen aber keinen Zusammenhang mit dem "Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten". Da ihre Untersuchung "in keiner Weise sachdienlich" sei, mussten sie auch nicht beantwortet werden.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat mittlerweile als Reaktion auf das Urteil die künftige Veröffentlichung der Beihilfeadressaten nach Angaben eines Staatssekretärs "mit sofortiger Wirkung" gestoppt. Bereits ins Netz gestellte Daten müssen aber nicht nachträglich gelöscht werden. Dies hielten die Luxemburger Richter in Anbetracht der "großen Zahl von Veröffentlichungen, die in den Mitgliedsstaaten auf der Grundlage von Rechtsvorschriften erfolgt sind", nicht für zulässig und zumutbar. (anw)