FDP-Netzpolitiker kritisieren EU-Haltung zur Vorratsdatenspeicherung

Abgeordnete der Freien Demokraten haben sich enttäuscht über die Ansage der liberalen EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström gezeigt, dass es bei der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren bleiben werde.

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Bundestagsabgeordnete der FDP haben in einem Brief an EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström "große Zweifel" geäußert, dass es sich bei der Evaluierung der Vorratsdatenspeicherung "um einen ergebnisoffenen Prozess handelt". Bereits vor dem Abschluss der noch laufenden Überprüfung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung habe sich die Kommissarin für die Beibehaltung der heftig umstrittenen Maßnahme ausgesprochen, schreiben die Abgeordneten Sebastian Blumenthal, Marco Buschmann, Manuel Höferlin und Jimmy Schulz in einem heise online vorliegenden Brief.

Malmström hatte auf der Tagung zum Evaluierungsprozess am vergangenen Freitag in Brüssel erklärt, dass die Vorratsdaten von nationalen Sicherheitsbehörden genutzt würden und so wohl auch nützlich für die Verbrechensbekämpfung seien. Anzeichen für einen Missbrauch der Befugnisse der Ermittler zum Zugriff auf die Datenhalden gebe es bislang nicht. Die "vielen guten Argumente gegen die Richtlinie" habe Malmström dann aufgrund Abwesenheit "bedauerlicherweise nicht mehr persönlich zur Kenntnis nehmen können", monieren die FDP-Abgeordneten nun. Es sei dennoch zu hoffen, dass sie noch berücksichtigt würden. Eine Zusammenfassung werde man Kommissarin "bei Interesse gern zukommen lassen". Die Liberalen zeigen sich besorgt über den allgemeinen Kurs Brüssels, "den Mitgliedsstaaten immer mehr Grundrechtseingriffe vorzuschreiben".

Der polnische Forscher Andrzej Adamski von der Universität Torun hatte auf der Tagung vorgebracht, dass Journalisten in seinem Heimatland mithilfe der monatelang vorgehaltenen Telefon- und Internetdaten systematisch durch Regierungsbehörden überwacht worden seien. Zudem stehe dem polnischen Sicherheitsapparat der Zugang zu den Daten ohne Richtervorbehalt offen, sodass bei einer Bevölkerung von 40 Millionen pro Jahr mehr als eine Million Abfragen durchgeführt würden. Eine "Nützlichkeit" des Instruments lasse sich daraus aber nicht ableiten. Studien etwa aus Deutschland hätten ergeben, dass die begehrten Daten in 99,9 Prozent der untersuchten Rechtsfälle nicht zum Ermittlungserfolg beigetragen hätten.

Microsoft-Datenschutzexperte Caspar Bowden betonte, dass es nach wie vor keinen Nachweis der Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung gebe. Es scheine daher offenkundig eher eine politische Entscheidung zu sein, die Richtlinie aufrechterhalten zu wollen. Der Sicherheitsexperte Ilias Chantoz von Symantec machte der Kommmission zugleich wenig Hoffnung, dass die anfallenden Datenberge jemals sicher verwahrt werden könnten. Entsprechend große Informationsbestände müssten gegen zahlreiche und zunehmend ausgefeilte Angriffsszenarien verteidigt werden. Es gebe keine Garantie dafür, dass dies über einen längeren Zeitraum hinweg gelingen könne. (vbr)