Deutschlands Internet-Fahnder sind frustriert: "Es wird immer schwerer", sagte beispielsweise Dieter Scholz von der Polizeidirektion Hannover im November auf der Tagung des Bündnisses White-IT . Oft ist die IP-Adresse – sozusagen der Absender von Datenpaketen im Internet – der einzige Anhaltspunkt, wenn es um die Verfolgung von Straftaten geht. Früher war es gängige Praxis, dass Polizisten noch Monate nach einer Strafanzeige ermitteln konnten, wer unter welcher Internet-Kennung gesurft hatte. Seit dem Ende der Vorratsdatenspeicherung im März 2010 erteilen die Provider den Polizisten immer häufiger eine Absage. Manche speichern gar nicht mehr, welcher ihrer Kunden zu welcher Zeit unter welcher IP-Adresse unterwegs war, andere nur noch wenige Tage.

Das könnte sich bald ändern. Und das nicht durch neue Gesetze. Zwar versucht die Bundesregierung gerade, eine neue Vorratsdatenspeicherung zu installieren und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat dazu ein Eckpunkte-Papier vorgelegt , das eine Mindestspeicherfrist für Internet-Verbindungen vorsieht. Doch ist die Technik längst weiter als die Politik.

Mehrere große Provider haben angekündigt, Ende 2011 das neue Internet-Protokoll Version 6 (IPv6) einzuführen. Das könnte die Arbeit der Internetfahnder wesentlich vereinfachen.

Mit dem neuen System entfällt der technische Zwang, Kunden ständig neue IP-Adressen zuzuweisen, weil sie künftig nicht mehr knapp sind. Das Protokoll macht es möglich, 340 Sextillionen IP-Adressen zu vergeben – auf viele Jahre genug, um jedem Handy, jedem digitalen Bilderrahmen und jedem vernetzten Kühlschrank für die Dauer seines technischen Lebens eine feste IP zu verpassen. Die IP-Adresse wäre dann so etwas wie die lebenslange Steuernummer , ein eindeutiges Merkmal. Das macht es sehr viel leichter, ein regelrechtes Profil ihres Verhaltens zu erstellen.

Wie die Zeitschrift c't herausgefunden hat , ist teilweise sogar feststellbar, mit welchem Gerät ein Angebot aufgerufen wurde, da die Hersteller bei der Umsetzung des Protokolls schlampten: Sie schrieben die Seriennummer des Geräts kurzerhand mit in die IPv6-Adresse. So lässt sich sogar feststellen, mit welchem Gerät eine Webseite aufgerufen, eine E-Mail versandt oder eine Datei heruntergeladen wurde. Dieses Problem ist relativ einfach zu beheben: in dem Protokoll sind Datenschutzmechanismen ( privacy extensions ) ausdrücklich vorgesehen – die Hersteller müssen sie nur umsetzen.

Auch ohne IPv6 sind in der Vergangenheit immer mehr Provider dazu übergegangen, ihren Kunden feste IP-Adressen zu geben: Wenn nicht mehr nur der Computer, sondern auch Telefon und Fernseher ständig ins Internet gehen, stört die rotierende IP-Vergabe nur. So sind Surfer auch ohne Vorratsdatenspeicherung im Zweifel über Monate nachverfolgbar. Es liegt in der Hand der Provider, ob sie künftig überhaupt noch "dynamische" IPs verwenden.

Datenschützer warnen schon länger , dass statische IPs keine gute Idee wären und fordern, das historisch gewachsene System beizubehalten.