Österreich drohen EU-Verfahren

Reding: "Meine Geduld ist am Ende"

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding, drängt auf eine rasche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung und droht sogar mit Geldbußen für Österreich. Reding ist in Wien, um diesbezüglich Gespräche mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zu führen. Auch bei anderen Themen erwartet Brüssel umgehend Gesetzesänderungen von Österreich.

Mittagsjournal, 18.02.2011

"Geduld am Ende"

Für Kommissarin Reding ist klar, dass es in Österreich eine Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung gibt. Doch sie bleibt hart: Österreich muss die Richtlinie Umsetzen, und zwar schnell. Ihre Geduld sei am Ende, so Reding in einem Pressegespräch. Und gegenüber Ö1 sagte sie: "Das neue Gesetz soll her. Ich weiß, da bestehen einige Auseinandersetzungen, aber das ist nicht mein Problem. Mein Problem: Ist Österreich fähig, dieses neue Gesetz vorzulegen, ja oder nein. Und übrigens: In der Richtlinie sind ja Möglichkeiten enthalten, um grundrechtsschonende Umsetzungen zu ermöglichen. Falls das nicht geschieht, glaube ich, schon, dass ein neues Vertragsverletzungsverfahren angestrengt werden wird, das dieses Mal auch auf eine Geldbuße für Österreich hinauslaufen würde. Das ist bestehendes Recht."

Ausweispflicht für EU-Bürger

Es gibt aber auch andere Bereiche, in denen Österreich nicht den EU-Richtlinien entspricht. Auch dort muss jetzt etwas getan werden, wie etwa bei den Gründen, warum ein EU-Bürger aus dem ausgewiesen werden kann. "Nicht, wenn er ein Brot gestohlen hat, das genügt nicht als Ausweisungsgrund." Ein anderes Thema, das Reding stört: Dass ein EU-Bürger in Österreich seine AUsweispapiere ständig bei sich tragen muss, ein Österreicher aber nicht. "Das ist eine klare Diskriminierung der europäischen Bürger in Österreich."

"Letzte Mahnung an Österreich"

Auch was diese Punkte betrifft, ist die Geduld von Viviane Reding am Ende: "Mit Österreich sind wir seit März 2010 in Verhandlungen. Es wurde ein neues österreichisches Gesetz versprochen, leider haben wir noch nichts Konkretes gesehen. Und deshalb ist das meine letzte Mahnung an Österreich. Österreich muss sein Gesetz den Regeln anpassen. Tut es das nicht sehr kurzfristig, dann kommt eine Mahnung aus Brüssel." Mit kurzfristig meint Reding in den nächsten Wochen. "Also ich meine, bis Ende dieses Monats."

Mittagsjournal, 18.02.2011

Pilz: "Stasi-Gesetz"

Der Grüne Peter Pilz erhebt im Zusammenhang mit der geplanten Vorratsdaten-Speicherung schwere Vorwürfe gegen die ÖVP: Innenministerin Maria Fekter und Justiz-Ministerin Bandion-Ortner würden ein "Stasi-Gesetz" vorbereiten, mit dem die Polizei ohne Kontrolle eine "General-Lizenz zum Spitzeln" bekäme, so Pilz. Er bezieht sich mit seinen Vorwürfen auf ein internes Protokoll der beteiligten Ministerien, das im zugespielt worden sei, er aber nicht aus der Hand geben wollte. Darin sei die Rede davon, dass die Polizei Zugriff zu Handy- und Internet-Daten nicht nur bei einer bereits begangenen Straftat bekommen soll, sondern auch dann wenn nur die Gefahr bestehe, dass jemand eine Straftat begehen könnte, ohne Kontrolle durch einen Rechtschutzbeauftragten.

"Nur bei konkreter Gefahr"

Das Innenministerium weist diese Vorwürfe zurück, das Justizministerium spricht von reinem Aktionismus. Innenministerin Fekter war für ein Interview nicht zuerreichen, stellvertretend weist aber ein Spitzenbeamter aus ihrem Ministerium, Walter Grosinger, die Vorwürfe zurück. Man bekomme diese Daten nur, wenn eine konkrete Gefahr vorliegt und es darum gehe, das Opfer von dieser Gefahr fern zu halten. Außerdem sei der Rechtsschutzbeauftragte in jedem Fall zu beauftragen.

"Blanker Aktionismus"

Der Justizministerin wirft Pilz vor, sie wolle die sensiblen Daten nicht nur bei schwere Straftaten abrufen lassen und sie auch bei sämtlichen Zivilprozessen einsetzen lassen, also etwa bei Urheberrechts-Prozessen. Aus dem Justizministerium heißt es dazu nur, das sei blanker Aktionismus, darüber hinaus gibt dazu es keine Stellungnahme. Die gibt es aber aus der ÖVP-Zentrale: Pilz habe offenbar nicht verstanden, worum es bei der Vorratsdatenspeicherung wirklich geht - nämlich darum, Justiz und Polizei ein wirksames Instrument in die Hand zu geben, um schwere Straftaten effektiv verfolgen zu können, so die ÖVP.