Schlagabtausch zu Fluggastdatenabkommen im EU-Parlament

Im EU-Parlament stieß der von EU-Kommissarin Cecilia Malmström präsentierte Stand der Verhandlungen mit verschiedenen Ländern über die Bereitstellung von Fluggastdaten auf Kritik.

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Von
  • Monika Ermert

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat nach Ansicht von Abgeordneten des EU-Parlaments ihre Hausaufgaben bei der geplanten Fluggastdatenspeicherung (PNR) durch die USA, Australien und Kanada nicht gemacht. Die EU-Kommission habe nicht nachweisen können, dass die Vorratsspeicherung von Flugrouten und Kreditkartendaten von Reisenden für bis zu 15 Jahre notwendig sei. Die USA habe bislang das von der EU-Kommission vorgeschlagene Verbot automatisierter Rasterfahndungen abgelehnt. Damit stieß das Projekt Fluggastdatenspeicherung auf ähnlichen Widerstand wie vorige Woche im Bundestag.

Die Verhandlungen mit Australien seien abgeschlossen, so Malmström. Australien will die Daten für fünf Jahre speichern und habe zugestimmt, die Bewertung von Treffern jeweils manuell zu überprüfen. Solches sei auch in den Verhandlungen mit den USA angestrebt. Zum Abkommen mit Kanada werde die Kommission bald einen Entwurf vorlegen. Eine neue Definition des Begriffs Profiling sei nicht notwendig, meinte Malmström entgegen Aufforderungen aus dem Parlament. Profiling gebe es nur nach Ad-hoc-Entscheidungen zu bevorstehenden Flügen mit einer PNR-gestützten Risikobewertung von Fluggästen. Kein "volles Profiling" sei es hingegen, wenn Fluggastdaten zu Ermittlungen im Nachhinein oder die Daten zur allgemeinen Einschätzung eines Passagiers herangezogen würden.

Als "peinlich" bezeichnete Jan Philipp Albrecht von den Grünen die bislang von Malmström abgelieferten Ergebnisse. Die Entwürfe seien ein "Freibrief für das Verknüpfen und Analysieren aller möglicher Daten", sie würden zu einer "anlasslosen Vorratsdatenspeicherung" führen. Die EU-Kommission missachte die ablehnenden Stellungnahmen der verschiedenen Rechtsdienste der Kommission. "Nehmen Sie endlich zur Kenntnis", wetterte Albrecht, "dass es massive rechtliche Probleme mit den Abkommen gibt, Ihr eigener Rechtsdienst hat das gesagt, der Dienst des Rates, der Europäische Datenschutzbeauftragte und die Europäische Grundrechtsagentur." (PDF-Datei)

Man könne nicht Millionen von Daten unbescholtener Bürger für 15 Jahre speichern, sagte Birgit Sippel von den Sozialdemokraten. Die Kommission bleibe mit den aktuellen Verhandlungsergebnissen hinter den Standards zurück, die etwa für die Übergabe der Bankdatentransfers ausgehandelt wurden. Die liberale Abgeordnete Sophie In't Veld meinte, die Einwände der Rechtsdienste seien "keine Kleinigkeiten". In't Veld lehnte einen direkten Zugriff der USA auf die bei Dienstleistern wie Amadeus gespeicherten Daten über Fluggäste ab. Da Zugriffe auf Amadeus nicht protokolliert würden, könnte auf weit mehr Daten als vorgesehen zugegriffen werden. Kritisch angemerkt wurde von Abgeordneten schließlich auch, dass für die USA, Kanada, Australien und andere Länder unterschiedliche Standards gelten sollen.

Lediglich einzelne konservative Abgeordnete, etwa der britische Abgeordnete Timothy Kirkhope, sprachen sich dafür aus, bei dem Reizthema endlich voranzukommen und die noch bestehenden offenen Fragen zu klären. Anders als die Kritiker vertrat Kirkhope, der auch Berichterstatter für die parallel diskutierte EU-Variante für den Fluggastdatenaustausch ist, die Ansicht, dass die Wirksamkeit des Fluggastdatenaustauschs bei der Aufklärung "schwerer Verbrechen, Mord, Vergewaltigung, Terrorismus und Menschenhandel" bereits nachgewiesen sei. Malmström nannte ihrerseits die erzielten Verhandlungsergebnisse bereits eine enorme Verbesserung gegenüber dem provisorisch geltenden Status Quo. Letztlich, so die Kommissarin, könne jedes Land entscheiden, wer landen beziehungsweise einreisen kann. (anw)