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Erst kürzlich ist in Pforzheim ein ehemaliger Schulleiter zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Verbotenes pornografisches Material hat ihn den Job gekostet: Der 57-Jährige soll 60 Kinder- und Jugendpornos auf mehreren Computern gespeichert haben.

100 Fälle jährlich in der Region

Die Staatsanwaltschaft war im Rahmen eines anderen Verfahrens im Großraum Karlsruhe auf den Rektor aufmerksam geworden. Denn nicht nur die Verbreitung und Herstellung von Kinder- und Jugendpornos ist in Deutschland verboten, sondern auch der Besitz wird strafrechtlich verfolgt. Damit beschäftigen sich in Karlsruhe die Polizisten im Dezernat für Sexualdelikte. "Wir untersuchen in der Region jährlich etwa 100 Fälle, denen wir bei Ermittlungsarbeiten oder über Hinweisgeber auf die Schliche gekommen sind", berichtet Michael Melcher von der Karlsruher Kriminalpolizei im ka-news-Gespräch.

Nach dem Durchsuchungsbefehl und der Beschlagnahmung von Computern und Handys beginnt für die Polizisten die eigentliche Arbeit: Sie müssen alle Daten sichten. Dabei hilft ihnen eine Software, um beispielsweise doppelte Bilder zusammenzufügen. Das letztliche Anschauen des Materials bleibt ihnen dadurch aber nicht erspart - und macht auch den wichtigsten Teil ihrer Arbeit aus.

"Das kann schon belastend sein"

Das ist oft hartes Brot. "Gerade das Sichten von Kinderpornos kann sehr belastend sein", erzählt Melchers Kollegin. Die Kommissarin sichtet beschlagnahmte Computer, ermittelt "auf der Straße" und vernimmt die Beschuldigten. Man müsse sich in seiner Freizeit von diesen Bildern abschotten, erklärt sie. "Vor allem wenn man, wie einige Kollegen, selbst kleine Kinder hat, ist es nicht immer angenehm." Tendenziell seien die Videos und Bilder in den letzten Jahren brutaler geworden, die Opfer immer jünger. "Vom Säugling bis hin zu 17-Jährigen ist wirklich alles dabei", so die Kommissarin. Das Strafrecht unterscheide dabei zwischen Kinderpornos, so lange die Missbrauchten jünger als 14 Jahre alt sind, und Jugendpornos, bei denen die Opfer unter 18 Jahren alt sind.

Bei ihren Ermittlungen arbeiten die Beamten eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. "Weil das in Karlsruhe wirklich reibungslos funktioniert, können wir auch öfter mal schnelle Maßnahmen ergreifen", erläutert die Kommissarin.

In Foren und Chatrooms wird "Keuschheitsprobe" verlangt

Manchmal bekommen die Polizisten Hinweise von Internet-Providern oder aus dem privaten Bereich, bevor sie einen Straftäter festnehmen können. Gleichzeitig können sie Online-Tauschbörsen beobachten. "Das Internet zu überwachen, ist uns jedoch nicht möglich", so Melcher. An Foren und Chatrooms komme man schlicht nicht heran. Denn: Dort ist eine "Keuschheitsprobe" notwendig. Wer Zutritt und Material erhalten möchte, muss selbst welches zur Verfügung stellen - und das ist eine Straftat. "Da sind uns die Hände gebunden."

Auch die Rückverfolgung von Tauschhandeln im Internet ist für die Polizisten passé. Die neue Regelung der Vorratsdatenspeicherung erlaubt ihnen je nach Provider nur einen Blick zurück über wenige Stunden oder Tage. Trotzdem verzeichnet das Dezernat eine Aufklärungsquote von nahezu 100 Prozent. Wer einmal wegen des Besitzes oder der Verbreitung von Kinderpornos angeklagt wurde, hat meist tatsächlich Dreck am Stecken.

Die "Schwere" der Schuld bemisst sich am Ende an vielen Faktoren: Wie viele Bilder oder Videos besaß der Täter? Wie brutal waren sie, wie alt waren die Kinder? Hat er auch Pornos hergestellt oder verbreitet? Die Strafen variieren deshalb letztlich enorm. "Geldstrafen können zum Beispiel in einer Höhe bis zu 15.000 Euro ausfallen, Haftstrafen bis zu mehreren Jahren", erklärt Melcher.

Wer sind die Straftäter?

Wer sind eigentlich die Straftäter, aus welchem Milieu kommen sie - gibt es Gemeinsamkeiten? "Bei meinen Ermittlungen hat es sich bisher eher um Männer ab etwa 35 Jahren gehandelt, überdurchschnittliche viele davon waren alleinlebend", so die Kommissarin. Überwiegend habe es sich um Deutsche quer durch alle Berufsgruppen gehandelt, darunter auch viele Familienväter. Die Frauenquote bewege sich hingegen in einem Bereich unter fünf Prozent, oftmals seien sie als Mittäter angeklagt.

Aufsehen hatte im Jahr 2009 der Fall Jörg Tauss erregt. Der Karlsruher SPD-Bundestagsabgeordnete wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Besitz, Weitergabe und Erlangen von kinderpornografischem Material angeklagt. Während die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass er sich dieses rein privat beschafft hatte, beharrte Tauss darauf, sich die Kontakte in seiner Funktion als Bundestagsabgeordneter beschafft zu haben. Mit dem "szenetypischen Material" habe er versuchen wollen, neue Kommunikationswege der Händler zu ergründen.

2010 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht hat allerdings nicht festgestellt, dass der Angeklagte die Taten aufgrund eines sexuellen Interesses begangen hat. Dies war für die Tatbestandsverwirklichung auch nicht erforderlich.