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[Blog] Stellungnahme zum Schreiben des Bundesinnenministers an die EU (26.03.2012) Drucken E-Mail

Am 28.02.2012 schrieb der für den Bereich der Vorratsdatenspeicherung unzuständige Bundesinnenminister Friedrich (CSU) der EU-Innenkommissarin Malmström, es lägen "keine statistisch belastbaren Erfahrungen zu den Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung vor", die Nichtigerklärung des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung führe aber ausgehend von Zahlen des Bundeskriminalamts "zu erheblichen Einschränkungen bei der Verfolgung oder Verhütung von Straftaten". Diese Behauptungen bedürfen der Richtigstellung.

Der Bundesinnenminister gesteht mit diesen Aussagen bereits selbst ein, dass die Zahlen des Bundeskriminalamts nicht "statistisch belastbar" sind. Auch das BKA selbst bezeichnet seine Zahlen als "nicht aussagekräftig" hinsichtlich der Frage, ob eine Vorratsdatenspeicherung die Zahl der aufgeklärten Straftaten erhöht. Die Zahl von 90% vom BKA nicht zuzuordnender IP-Adressen kommt auf abenteuerliche Weise zustande, etwa durch eine grotesk verzerrte Stichprobe und die Zählung veralteter, von den USA gelieferter Webserver-Logfiles. Wir haben die BKA-Zahlen schon 2010 umfassend zerpflückt. Das BKA kann nicht einmal den Vorwurf widerlegen, dass bei Zugrundelegung seiner unseriösen Erhebungsmethodik auch 2009, als IP-Adressen sechs Monate lang auf Vorrat gespeichert wurden, 90% der IP-Anfragen nicht weiter führten.

Demgegenüber verschweigt Friedrich die umfassende Untersuchung des Max-Planck-Instituts für internationales und ausländisches Strafrecht, derzufolge das Ende der verdachts- und wahllosen Vorratsdatenspeicherung keinen erkennbaren Einfluss auf die Zahl der begangenen und den Anteil der aufgeklärten Straftaten hatte und die "Schutzmöglichkeiten durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung" nicht erkennbar reduziert sind. Dies ist ausdrücklich auch für den Bereich der Internetdelikte festgestellt worden, bei deren Aufklärung IP-Adressen von Bedeutung sind.

Hat eine Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungen danach keinen merklichen Einfluss auf die Aufklärung von Straftaten, so verschwendet eine Vorratsdatenspeicherung finanzielle Mittel und Kräfte, die für tatsächlich wirksame, gezielte Ermittlungsmaßnahmen fehlen.

Unter anderem die Neue Richtervereinigung hat darauf hingewiesen, dass eine Vorratsdatenspeicherung der Aufklärung von Straftaten sogar schadet:

Dies zeigt nicht nur, dass eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung Vermeidungsverhalten auslöst (z.B. verstärkte Nutzung von Internet-Cafés, offener Internetzugänge, Anonymisierungsdienste, öffentlicher Telefone, unregistrierter Handykarten, nicht-elektronischer Kommunikationskanäle), sondern vor allem, dass dieses Vermeidungsverhalten die Verhinderung und Verfolgungselbst schwerer Straftaten geradezu erschwert. Denn Vermeidungsmaßnahmen dieser Art können zugleich verdachtsabhängige Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen vereiteln, wie sie ohne Vorratsdatenspeicherung noch möglich sind. Dadurch entfaltet eine Vorratsdatenspeicherung auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung kontraproduktive Wirkungen und verkehrt den erhofften Nutzen der Maßnahme möglicherweise sogar in sein Gegenteil.

Die Befürworter einer Vorratsdatenspeicherung behindern somit die effektive Aufklärung von Straftaten - nicht umgekehrt.

Siehe auch:

Blog-Beitrag von Patrick - Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.

 
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