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Internet und Telefon Britischer Geheimdienst soll umfassenden Datenzugriff bekommen

Ein neues Gesetz könnte Provider in Großbritannien bald zwingen, dem Geheimdienst Telefon- und Internet-Verbindungsdaten von Verdächtigen zu übermitteln - in Echtzeit. Außerdem sollen diese Daten zwei Jahre gespeichert werden.
Government Communications Headquarters in Cheltenham: Verbindungsdaten für den Geheimdienst

Government Communications Headquarters in Cheltenham: Verbindungsdaten für den Geheimdienst

Foto: Reuters/ Crown Copyright

Welche Websites wurden aufgerufen, wem wurde eine E-Mail geschrieben, mit wem telefoniert - auf diese Verbindungsdaten soll der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCH) nach einem Bericht der BBC  künftig zugreifen dürfen. Das Vorhaben wird vom Innenministerium als strategisch wichtig eingestuft und könnte Anfang Mai von der Queen angekündigt werden.

Nur die Inhalte der Kommunikation sollen dem Geheimdienst vorenthalten werden. Die dürften zwar auch interessant sein, doch schon die Verbindungsdaten ermöglichen eine weitgehende Überwachung. Denn enthalten sind in solchen Datensätzen meist auch Informationen über die Funkzellen, in denen sich ein Mobiltelefon eingebucht hat. So lassen sich detaillierte Bewegungsprofile erstellen. Ob diese Daten dazugehören, ist bisher unklar.

Von der Vorratsdatenspeicherung, wie sie eine Richtlinie in der Europäischen Union vorsieht, unterscheidet sich das britische Geheimdienst-Gesetz - zumindest in dieser Phase. So ist kein richterlicher Vorbehalt vorgesehen und gespeichert werden sollen auch die besuchten Websites, nicht nur, wann jemand für welche IP-Adresse im Internet verantwortlich ist.

Der konservative Abgeordnete David Davis kritisierte das Vorhaben gegen über der BBC. Er warnte davor, dass nicht nur Terroristen und Kriminelle von so einem Gesetz betroffen wären, sondern E-Mails, Telefonanrufe und Internetzugang von wirklich jedermann. Auf diese Daten könne die Regierung ohne weiteres zugreifen. "Man sollte in einer anständigen, zivilisierten Gesellschaft nicht so weit gehen, aber das ist genau das, was vorgeschlagen wird", sagte Davis.

Das Innenministerium betonte in einer Stellungnahme die Notwendigkeit der technischen Überwachung. Sie sei erforderlich, um schwere Verbrechen und Terrorismus aufzuklären und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

Provider fürchten Kosten - und den Zorn der Kunden

Ein ähnliches Gesetz war bereits 2009 diskutiert worden, die Labour-Regierung zog es jedoch zurück. Damals wie heute geht es um die Kosten, die Mobilfunk- und Internetprovider fürchten, berichtet der "Guardian ". Die Unternehmen müssten große Mengen Daten zwei Jahre lang speichern sowie Schnittstellen bereitstellen. Die Provider führen nun außerdem moralische und rechtliche Bedenken ins Feld, ob eine derartige Überwachung zulässig sei.

Dass sich anhand von Verbindungsdaten ein detailliertes Bild über die Gewohnheiten und die sozialen Kontakte eines Menschen erstellen lässt, hat "Zeit Online" veranschaulicht. Dazu wurden die Vorratsdaten des Grünen-Politikers Malte Spitz, der die Telekom juristisch dazu gebracht hatte, ihm die über ihn gespeicherten Daten auszuhändigen, visuell aufbereitet .

In Deutschland wird die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung derzeit nicht angewendet. Das Bundesverfassungsgericht hatte ein erstes Gesetz wieder gekippt, seitdem weigert sich das FDP-geführte Justizministerium, den Wünschen der Unionspolitiker und Ermittlungsbehörden nach einer weitreichenden Speicherung von Vorratsdaten nachzukommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel drängt auf eine schnelle Lösung, nachdem die EU-Kommission ein Strafverfahren angekündigt hatte. Das Justizministerium favorisiert ein sogenanntes Quick-Freeze-Modell, bei dem Ermittler Provider anweisen können, Verbindungsdaten zu speichern. Mit einem richterlichen Beschluss können sie anschließend auf diese Daten zugreifen. Statt voller sechs Monate sollen die Daten bei diesem Modell offenbar nur sieben Tage vorrätig gehalten werden.

Provider in Deutschland müssen die Verbindungsdaten ihrer Kunden nur speichern, so sie für Abrechnungszwecke notwendig sind. Einige Unternehmen halten deswegen keine Verbindungsdaten vorrätig, andere Provider speichern solche Daten trotzdem für mehrere Monate.

Deutsche Geheimdienste können über Schnittstellen den E-Mail-Verkehr ins Ausland überwachen und dürfen einen bestimmten Prozentsatz der E-Mails automatisch mit einer Liste von Suchwörtern abgleichen. Diese Einsätze beschließt das parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages.

ore