Vorratsdatenspeicherung: Österreichischer Verfassungsgerichtshof ruft EuGH an

Der Verfassungsgerichtshof zweifelt daran, dass die EU‐Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit der EU‐Grundrechtecharta vereinbar ist.

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Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat Bedenken, dass die EU‐Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung der EU‐Grundrechtecharta (PDF-Datei) widersprechen könnte. Daher haben die 14 Verfassungsrichter den Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeschaltet und ihm Fragen zur Auslegung der EU‐Grundrechtecharta vorgelegt, heißt es in einer Mitteilung (PDF-Datei) des VfGH. Damit hat nach dem irischen High Court ein weiteres Gericht eines EU-Mitgliedsstaats den EuGH in dieser Sache eingeschaltet. Auch die Iren wollen wissen, ob die Richtlinie mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar ist.

Die Vorratsdatenspeicherung bleibt aber in Österreich bis auf weiteres in Kraft, der VfGH könne die Regelungen nicht von sich aus vorläufig außer Kraft setzen. Das zugrundeliegende Gesetz wird in Österreich seit Anfang April dieses Jahres angewendet. In Deutschland sah hingegen das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom März 2010 hohe Auflagen für die Umsetzung der Richtlinie als erforderlich an und kippte das Gesetz. CDU/CSU und FDP konnten sicher bisher nicht auf ein neues Gesetz einigen.

An den österreichischen Verfassungsgerichtshof haben sich bisher die Kärntner Landesregierung, ein Angestellter eines Telekommunikations‐Unternehmens sowie über 11.000 Privatpersonen gewendet, heißt es in der Mitteilung. Die EU‐Grundrechtecharta garantiere, dass jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten hat. Bei der Beurteilung der Richtlinie müsse der Verfassungsgerichtshof auch die EU‐Grundrechtecharta als Prüfungsmaßstab anwenden.

Die Vorratsdatenspeicherung diene zwar dazu, schwere Straftaten zu verfolgen, heißt es in dem Beschluss des VfGH. "Ungeachtet dessen bestehen Bedenken hinsichtlich der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung an sich und der mit ihr notwendig verbundenen Folgen." Es würden fast ausschließlich Daten von Personen gespeichert, die keinen Anlass dazu gegeben haben. "Die Behörden ermitteln ihre Daten und sind über das private Verhalten solcher Personen informiert. Dazu kommt das erhöhte Risiko des Missbrauchs", erklärt VfGH‐Präsident Gerhart Holzinger.

Mit diesem Vorlagebeschluss an den EuGH ist das Verfahren unterbrochen. Wenn die Antworten des EuGH vorliegen, will der Verfassungsgerichtshof die Beratungen wieder aufnehmen. Das könnte möglicherweise frühestens in einem Jahr so weit sein.

(anw)