Polizeikongress: "Der nächste 11.-September-Anschlag kommt per E-Mail"

Auf dem 16. Europäischen Polizeikongress hat das Bundesinnenministerium eindrücklich Mindestspeicherfristen bei der Vorratsdatenspeicherung gefordert. Ansonsten drohe eine Freiheit ohne Sicherheit.

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Von
  • Detlef Borchers

Klaus-Dieter Fritsche, beamteter Staatssekretär im Bundesinnenministerium hat in Berlin den 16. Europäischen Polizeikongress mit der eindrücklichen Forderung nach Einführung von Mindestspeicherfristen bei der Vorratsdatenspeicherung eröffnet. Ohne sie drohe eine Freiheit ohne Sicherheit und mithin ein Zustand, der das Vertrauen in das Internet insgesamt erschüttere. Der Polizeikongress beschäftigt sich dieses Jahr mit dem Schutz und der Sicherheit im digitalen Raum; im Vorfeld hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bereits die Rufe nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung als unredlich kritisiert.

Fritsche, der kurzfristig für seinen Minister Friedrich einsprang, bezeichnete es als äußerst misslich, dass ein Gesetz zur Mindestdatenspeicherung in Deutschland fehlt. Mehr als das europäische Vertragsverletzungsverfahren mache es ihm Sorge, dass ohne rückwirkende Bestimmung der IP-Adresse Täter in der Anonymität des Netzes verschwinden könnten. Fritsche berief sich dabei auf Zahlen des BKA, nach denen zwischen März 2010 und April 2011 über 90 Prozent der Ermittlungsersuchen von IP-Adressen erfolglos waren.

Zum Beginn des Polizeikongresses hat sich nach der Gewerkschaft der Polizei auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) zu Wort gemeldet. Ihr Vorsitzender Rainer Wendt forderte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung die schnellstmögliche Einstellung von 2000 Cyber Cops. "Der nächste 11.-September-Anschlag kommt per E-Mail". Die Angriffe von "Hacker-Terroristen" auf Atomkraftwerke und Klärwerke seien reale Bedrohungsszenarien, auf die der Staat mit eigener technologischer Expertise reagieren müsse.

In einer eigenen Erklärung zum Cybercrime-Thema des Kongresses forderte der Bund deutscher Kriminalbeamter eine Abkehr vom Tatortprinzip. "Die immer noch schwerfälligen Mechanismen internationaler polizeilicher und justizieller Rechtshilfe, zur Ermittlung eines grenzüberschreitend agierenden Internetkriminellen haben schon anachronistische Züge", heißt es in der Erklärung. Ermittler müssten mit Netz-Expertenwissen geschult werden und international agieren können. Auch auf der Seite der Staatsanwaltschaften und Gerichte müsste eine zusätzliche netztechnische kriminalistische Ausbildung sicherstellen, dass sie Verfahren gegen Internetkriminelle durchführen und dabei zu angemessenen Urteilen kommen können.

Sowohl die DPolG als auch der BDK veranstalten im Rahmen des Kongresses eigene Panels. Während sich der BDK mit der organisierten Kriminalität im Internet beschäftigt, veranstaltet die DPolG eine Expertendiskussion zur elektronischen Verkehrsüberwachung.

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(mho)