SPD-Schattenminister fordern Neubewertung der Vorratsdatenspeicherung

Thomas Oppermann und Gesche Joost aus dem Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zweifeln im Lichte von PRISM, ob die anlasslose Protokollierung von Nutzerspuren mit EU-Grundwerten vereinbar ist.

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Thomas Oppermann und Gesche Joost aus dem Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück haben im Lichte der Enthüllungen über geheimdienstliche Spähprogramme wie PRISM, Tempora oder XKeyscore ihre Kritik an den EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung verschärft. In einem Beitrag für die Septemberausgabe der Frankfurter Hefte der "Neuen Gesellschaft" fordern die beiden Sozialdemokraten nicht mehr nur erneut pauschal eine Revision der Richtlinie. Vielmehr verlangen sie dabei nun konkret einen Nachweis, "ob diese Speicherung von Kommunikationsdaten mit den Grundwerten der Europäischen Union in Einklang steht".

Das für Innen- und Netzpolitik zuständige Duo will zusätzlich geklärt wissen, "ob und in welchem Umfang diese weitgehenden Eingriffe tatsächlich notwendig und verhältnismäßig sind". Die bisherigen Auflagen an die Provider zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren dürften "keinen Bestand mehr haben". Die Richtlinie müsse "grundsätzlich überarbeitet und neu bewertet werden".

Mit dem Verweis auf die EU-Grundrechtecharta spielen die beiden Politiker auf das laufende Verfahren gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dort taten sich Vertreter der EU-Gremien und der EU-Mitgliedsstaaten in einer Anhörung im Juli schwer damit, das Instrument zu verteidigen. Gegner betonten, dass die gegenwärtig bekannt werdenden Auswüchse der geheimdienstlichen Überwachung die Logik des monate- und jahrelangen Sammelns von Verbindungs- und Standortdaten im Staatsauftrag konsequent fortsetzten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält mittlerweile zumindest eine Verkürzung der Mindestspeicherfrist von sechs auf drei Monate für denkbar. In der SPD scheiterte zuletzt im vergangenen Oktober ein Mitgliederbegehren gegen jegliche Form der Vorratsdatenspeicherung und für eine Änderung der EU-Richtlinie. Nur rund zehn Prozent der benötigten Mitzeichner unterstützten das Anliegen. Auch auf ihrem jüngsten Bundesparteitag Ende 2011 hatten die Sozialdemokraten mit knapper Mehrheit für einen Antrag gestimmt, der die Vorratsdatenspeicherung für nötig hält.

Mittlerweile scheint die Stimmung in der SPD aber umzuschlagen. Laut einer Wahlumfrage der Süddeutschen Zeitung, die der schleswig-holsteinische Jurist und Pirat Patrick Breyer in Tabellenform (XLS-Datei) aufbereitet hat, meinen nur 30 Prozent der Bundestags- und Landtagsabgeordneten der SPD, zur Verbrechensaufklärung müsse "die Polizei leichter auf digitale Verbindungsdaten zugreifen können". Bei Volksvertretern von CDU und CSU sprechen sich rund 61 Prozent für diese These aus, bei der FDP 18, Grünen und Linken rund 13,5 sowie bei den Piraten ein Prozent. (anw)