Schweiz: Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung vorbereitet

Im Schweizer Parlament hat die angestrebte Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung eine erste Hürde genommen – sie soll künftig den doppelten Zeitraum umfassen. Dem soll außerdem eine Zustimmung zum Einsatz von Staatstrojanern folgen.

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Von
  • Tom Sperlich

Der Ständeratssaal

(Bild: Parlamentsdienste 3003 Bern)

Es war eine lang erwartete Debatte im Ständerat, der erstberatenden kleinen Kammer des Schweizer Parlaments. Und ein weiterer, teilweiser Anlauf für eine Totalrevision des "Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs" (BÜPF), ein Prozess, der bereits seit mehreren Jahren verläuft. Noch ist dessen Neufassung nicht fertig abgestimmt, aber klar ist bereits: Die erste Hürde, die Verlängerung der Aufbewahrungsdauer von Verbindungsdaten ("Vorratsdatenspeicherung") ist genommen. Sie soll von sechs auf zwölf Monate verdoppelt werden.

Im Mittelpunkt der BÜPF-Revision stehen die Anpassung der Überwachungsmöglichkeiten, an die stark veränderte Telekommunikationstechnik. Auch in der Schweiz werden seit Jahren der Post- und Fernmeldeverkehr flächendeckend und verdachtsunabhängig erfasst und die gewonnenen Daten müssen sechs Monate von den Anbietern von Fernmeldeleistungen und Postdiensten sowie Internet Access Providern aufbewahrt werden. Dafür werden sie entschädigt.

Vorratsdatenspeicherung

Ein Gutteil der Schweizer ICT-Branche stemmt sich seit geraumer Zeit gegen die von der Regierung ("Bundesrat") geplante Gesetzesverschärfung. Am vehementesten vermutlich wegen der Kosten, die ganz bei ihnen hängen zu bleiben drohen. Der Aufwand für die Überwachungs-Infrastruktur ist erheblich und die Debatte wurde schließlich mit 27 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung dafür entschieden, dass die Internet-und Fernmeldedienst-Anbieter weiterhin "angemessen", wenn auch nicht "kostendeckend" für ihren Aufwand entschädigt werden.

Nicht länger aufbewahren müssen die Anbieter von Postdienstleistungen die Daten der Adressaten und Absender. Diese, an den großen vollautomatischen Sortieranlagen der Post eingescannten Daten, müssen nach wie vor nur sechs Monate aufbewahrt werden, entschied der Ständerat.

Für die Verdoppelung der Aufbewahrungsdauer von sechs auf zwölf Monate hatte der Bundesrat plädiert, weil es immer wieder zu Fällen gekommen sei, in welchen sechs Monate nicht genügt hätten, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Der Bundesrat habe sich außerdem an anderen Ländern orientiert. Widerspruch dazu gab es kürzlich vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung: "Ich kenne keine Fälle, bei denen wegen der heute geltenden Frist ein schweres Delikt nicht verhindert oder aufgeklärt werden konnte."

Noch nicht abgestimmt hat der Ständerat über den Einsatz von "Government Software" (kurz GovWare), allgemein "Staatstrojaner" genannt. Aber den bisherigen Wortmeldungen nach zu urteilen, wird sich wohl die Mehrheit des Ständerats dafür aussprechen. Mit Staatstrojanern soll es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden in private Computer einzudringen, um Internettelefonie und verschlüsselt übermittelte E-Mails überwachen zu können. Sommaruga erklärte: "Es geht nicht um den Nachrichtendienst, nicht um präventive Überwachung und nicht um das Bespitzeln und Ausspionieren von unbescholtenen Bürgern." Zur Debatte stehe ausschließlich die Überwachung im Rahmen von Strafverfahren, die gerichtlich bewilligt werden müsse.

Auch wenn der Ständerat am 19. März das Büpf verabschiedet, ist es damit nicht angenommen. Als nächstes wird sich die vorberatende Rechtskommission des Nationalrates mit dem Thema beschäftigen. Danach droht immer noch das Referendum, das von mehreren Seiten angekündigt worden ist. (mho)