Vorratsdatenspeicherung: Gute GroKo, böse GroKo ...

In der großen Koalition tobt die Stellvertreterschlacht um das anlasslose Protokollieren von Nutzerspuren: SPD-Vize Ralf Stegner empfiehlt seiner Partei den Abschied davon, CDU-Vize Volker Bouffier fordert dagegen eine rasche Neuauflage.

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In der anschwellenden Auseinandersetzung in der großen Koalition um einen neuen gesetzlichen Vorstoß zur Vorratsdatenspeicherung lieferten sich über die Ostertage stellvertretende Parteichefs beider Seiten einen Schlagabtausch. SPD-Vize Ralf Stegner riet den Sozialdemokraten, nach dem klaren Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ganz auf den heftig umstrittenen Ermittlungsansatz zu verzichten. Der schleswig-holsteinische Politiker sagte dem Tagesspiegel: "Das Instrument der anlasslosen und flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung ist mit diesem Urteil tot."

Ralf Stegner ist SPD-Vorsitzender im Norden.

(Bild: SPD Schleswig-Holstein, CC BY 2.0 )

Das Drängen von Innenpolitikern und Strafverfolgern auf eine Neuauflage könne er nachvollziehen, unterstrich Stegner. Er hält die SPD aber angesichts der von den Luxemburger Richtern aufgezeigten hohen Hürden für "gut beraten, jetzt einen klaren Strich zu ziehen".

Ganz anders sieht das der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Volker Bouffier. Der hessische Ministerpräsident forderte gegenüber der Welt eine baldige Neuregelung. Zur Begründung verwies er unter anderem auf den Kampf gegen Kindesmissbrauch und darauf, dass die kriminellen und terroristischen Bedrohungen mit dem EuGH-Urteil nicht weniger geworden seien.

"Wir können Kinder nur begrenzt schützen, wenn wir keine Möglichkeit haben, Telekommunikationsdaten zu sammeln", erklärte Bouffier. Der Politik stehe es offen, "viele Gesetze gegen Kinderpornografie machen, aber ohne Vorratsdatenspeicherung kann man die Täter schwieriger ermitteln". Der CDU-Vize spielte damit auf einen aktuellen Vorstoß von Bundesjustizminister Heiko Maas an, der den Kampf gegen sexuell anreizende Aufnahmen von Kindern mit der ganzen Härte des Rechts führen will. Gleichzeitig möchte der SPD-Politiker vorerst keinen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen, sondern diese Frage "ergebnisoffen" diskutieren.

Vorratsdatenspeicherung

Bundesinnenminister Thomas de Maizière teilte im Gespräch mit dem SWR die Ansicht "aller Fachleute" aus der Polizeipraxis, wonach die Vorratsdatenspeicherung "dringend erforderlich" sei. Ob dieses Bestreben aber auch in die Praxis umgesetzt werden könne, sei eine andere Frage: "Deswegen müssen wir jetzt klug überlegen, wie das geht", konstatierte der CDU-Politiker am Wochenende. Der erste Schritt werde sein, "dass wir uns im Kreise der Innen- und Justizminister bei der nächsten Sitzung im Juni darüber austauschen wollen". Dann sei abzuwarten, ob die neue EU-Kommission nach den Europawahlen neue europäische Vorgaben plane. Erst dann könnten Einzelheiten für einen eventuellen nationalen Anlauf besprochen werden.

Strafverfolger machen unterdessen weiter Druck: "Die Ermittler erwarten, dass jetzt dringend eine Neuregelung kommt und dass die Grundsatzdebatte nicht wieder von vorne losgeht", mahnte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Peter Dathe. "Wir dürfen nicht sehenden Auges in Kauf nehmen, dass die weißen Flecken in den Ermittlungsakten immer größer werden."

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält dagegen, dass Innenexperten "unbeeindruckt von allen rechtsstaatlichen Einwänden" und unter "Täuschung der Öffentlichkeit" weiter "das Aufbewahren aller unserer Verbindungs-, Bewegungs- und Internetzugangsdaten" verlangten. "Viele neutrale Fachleute" lehnten ein solches Vorgehen "als ineffizientes und exzessives Mittel" ab. (mho)