EU-Justizbehörde: Durcheinander bei Vorratsdatenspeicherung in Europa

Derzeit kochen die meisten EU-Mitgliedstaaten ihr eigenes Süppchen, wenn es um gesetzliche Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung geht. Das hat eine Umfrage der EU-Justizbehörde Eurojust ergeben, die Statewatch veröffentlicht hat.

In der EU herrscht derzeit legislatives Wirrwarr bei der Vorratsdatenspeicherung. CC-BY-NC-ND 2.0 Julian Klibor

Die britische Bürgerrechtsbewegung Statewatch hat einen Bericht der EU-Justizbehörde Eurojust veröffentlicht, der den aktuellen Stand der Vorratsdatenspeicherung in den EU-Mitgliedstaaten zusammenfasst. Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) Anfang 2014 die anlasslose Datenspeicherung für rechtwidrig erklärt und diese Einschätzung in einem separaten Prozess Ende 2016 bekräftigt hatte, müssen Provider in vielen EU-Mitgliedsstaaten weiterhin auf die eine oder andere Art anlasslos Metadaten sammeln.

Um einen Überblick über die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung in den EU-Ländern zu erhalten, hatte Eurojust einen Fragebogen verschickt. Aus den Antworten kristallisieren sich drei rechtliche Ansätze heraus:

  • Die allermeisten Länder haben keine Regeln, die auf das zielgerichtete (im Unterschied zum anlasslosen) Speichern von Metadaten ausgerichtet sind.
  • Als einziges Land nimmt Deutschland bestimmte Gruppen von der Speicherung aus, beispielsweise Organisationen, die anonyme Beratungsangebote bereitstellen. Zudem sind einzelne Datenkategorien wie E-Mails von der verpflichtenden Speicherung ausgeschlossen, womit sich die Regelung an die Vorgaben des EuGH annähert. Allerdings fordert das deutsche Gesetz, Daten einer bestimmten Kategorie auszunehmen und nicht nur bestimmte Daten zu speichern, wie es das Gericht gefordert hatte.
  • Einige Mitgliedstaaten wie Österreich oder die Niederlande haben nach dem Kippen nationaler Gesetze durch die jeweiligen Höchstgerichte derzeit keine verpflichtende Vorratsdatenspeicherung. Dort bedienen sich die Ermittlungsbehörden bei Datensammlungen, die private Firmen für kommerzielle oder Geschäftszwecke angehäuft haben.

Meist richterlicher Beschluss notwendig

In den allermeisten Ländern benötigen Ermittlungsbehörden einen richterlichen Beschluss, um an die Daten zu gelangen. Deutschland und Belgien schränken den Zugriff auf Daten von Berufsgruppen ein, deren Kommunikation privilegiert ist – etwa Rechtsanwälte oder Ärzte.

In der Zusammenfassung betonen die Juristen von Eurojust, dass aufgrund der Urteilssprüche eine signifikante Zahl von Mitgliedstaaten ihre nationalen Gesetze zumindest überprüft oder ändert. Allerdings befinde sich dieser Prozess noch sehr im Fluss, sodass innerhalb der EU das Potenzial für „legislative Disharmonie“ beträchtlich sei.

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