Datenschützer fordert "Datennotar" zum Schutz von Telefon-Verbindungsdaten

Eine zentrale Datei zur Speicherung der Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten lehnt der Bundesdatenschutzbeauftragte ab. Der Datennotar dagegen soll den Zugriff von Unternehmen und Strafverfolgern auf die Verbindungsdaten kontrollieren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 70 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich vor dem Hintergrund der Telekom-Bespitzelungsaffäre für einen "Datennotar" ausgesprochen, der die Nutzung von Verbindungsdaten durch Unternehmen und Strafverfolger kontrolliert. "Um Missbrauch vorzubeugen, könnten die bei den Unternehmen anfallenden Verbindungsdaten dort verschlüsselt werden. Der Schlüssel zur Freigabe ließe sich bei einer unabhängigen Treuhänderstelle, einer Art Datennotar, hinterlegen", sagte Schaar der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Die Idee einer zentralen Datei für Verbindungsdaten unter seiner Aufsicht hält Schaar laut dpa hingegen für "völlig unrealistisch": Die so zu speichernde Datenmenge wäre wesentlicher größer als bei der derzeitigen getrennten Erfassung in den Unternehmen. Kontraproduktiv sei der Vorschlag auch deshalb, weil die Unabhängigkeit seiner Behörde "ganz gravierend beeinträchtigt werden würde". Der Datenschutzbeauftragte habe private und staatliche Datensammler zu beaufsichtigen, er sei nicht selbst Datensammelbehörde.

Aus der Telekom-Bespitzelungsaffäre werden sehr unterschiedliche Konsequenzen für die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten gezogen. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, fordert genau die von Schaar abgelehnte zentrale Speicherung der Verbindungsdaten. Sämtliche Verbindungsdaten sollten in einem Sicherheits-Center unter Aufsicht von Datenschützern hinterlegt werden. Darauf könnten dann sowohl Unternehmen zu Abrechnungszwecken als auch der Staat zur Strafverfolgung streng kontrolliert zugreifen. "Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen. Es ist doch offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen mehr als schlecht aufgehoben sind", begründete Jansen seinen Vorstoß. Der Deutsche Journalisten-Verband unterstützt dagegen Forderungen, die Vorratsdatenspeicherung wieder abzuschaffen, wie dies etwa die FDP, die Grünen und Datenschutz-Aktivisten vorschlagen. "Die Telekom-Affäre zeigt die Missbrauchsmöglichkeiten der gespeicherten Verbindungsdaten auf", hieß es dazu beim DJV.

Jansen kann sich mit seinem Vorschlag an Vorhaben in Großbritannien orientieren: Das britische Innenministerium will eine zentrale Datenbank einrichten, in der die Verbindungsdaten mindestens ein Jahr vorrätig gehalten werden; sie sei erforderlich, damit Polizei und Geheimdienste leichter auf wichtige Informationen zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus zugreifen können.

In Deutschland ist nach den zum 1. Januar dieses Jahres eingeführten Regelungen zur Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten eine sechsmonatige Speicherung der Daten bei den Providern und Carriern vorgesehen, auf die Strafverfolger bei der Verfolgung von Straftaten und zur Gefahrenabwehr zugreifen dürfen. Allerdings hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung im Februar über 34.000 Klageschriften gegen die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin die Regelungen in einer Eilentscheidung bis zu einem Urteil im Hauptsacheverfahren eingeschränkt: Telekommunikationsfirmen müssen demnach zwar Verbindungs- und Standortdaten der Nutzer verdachtsunabhängig sechs Monate vorhalten. Sicherheitsbehörden dürfen darauf aber nur zur Verfolgung schwerer Straftaten zugreifen. Zudem muss der Verdacht durch bestimmte Tatsachen begründet und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein. In dem von Parlament und Bundesrat beschlossenen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist dagegen beispielsweise auch vorgesehen, dass Ermittler sowie prinzipiell Geheimdienste etwa auch bei "mittels Telekommunikation begangener Straftaten" auf die gespeicherten Verbindungsdaten zugreifen dürfen.

Die Aussetzung der Speicherung selbst lehnte das Gericht einstweilen mit der Begründung ab, das Risiko sei zu hoch, "im Eilverfahren über die Entscheidungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache hinauszugehen und das Gemeinschaftsinteresse an einem effektiven Vollzug des Gemeinschaftsrechts schwerwiegend zu beeinträchtigen". (jk)