Einspruch gegen gerichtliche Einschränkung der Vorratsdatenspeicherpflicht

Die Bundesnetzagentur hat im Auftrag der Bundesregierung Einspruch gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Berlin erhoben, wonach BT Deutschland derzeit Nutzerspuren nicht pauschal protokollieren muss.

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Die Bundesnetzagentur hat im Auftrag der Bundesregierung Einspruch gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin erhoben, wonach BT Deutschland die Pflicht zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten vorerst nicht umsetzen muss. Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort (PDF-Datei) des federführenden Bundesjustizministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor. Das Berliner Gericht hatte moniert, dass eine umfassende Entschädigung für die betroffenen Telekommunikationsanbieter nicht gewährleistet sei.

Die Bundesregierung erklärt weiter, dass die Speicherpflichten der keinen unzulässigen Einschüchterungseffekt erzeugen und widerspricht damit den Ergebnissen einer Umfrage. Dies sei auch bisher nicht der Fall gewesen, obwohl bereits "vor der Einführung von Flatrates vergleichsweise viele Daten im Rahmen privatrechtlicher Vertragsverhältnisse zwischen Kunden und Telekommunikationsunternehmen gespeichert worden sind". Auch auf diese Informationsbestände bestünden bereits gesetzliche Zugriffsmöglichkeiten der Behörden.

Zugleich erinnerte das Justizministerium daran, dass die Umfrage unter anderem vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in Auftrag gegeben worden sei. Dessen Webseite suggeriere unter anderem, dass die aufbewahrten Daten dem Staat ohne Weiteres, also ohne zusätzlicher Regelungen in ergänzenden Befugnisnormen zur Verfügung stünden. Auch finde sich dort die unrichtige Behauptung, dass Anonymisierungsdienste verboten werden sollten.

Weiter Ungewissheit herrscht derweil in der Branche, welche Unternehmen überhaupt Verbindungs- und Standortdaten sechs Monate lang verdachtsunabhängig vorhalten müssen. Klar ist, dass die Übergangsfrist für den Internetbereich Anfang 2009 ausläuft und Zugangsprovider prinzipiell die elektronischen Nutzerspuren aufzubewahren haben. Auch die Anbieter von Anonymisierungsdiensten sollen laut der Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung ausdrücklich eingeschlossen sein.

Die German Privacy Foundation (GPF) erklärte vor einer Woche trotzdem, weiterhin keine Verbindungsdaten für die von ihr betriebenen TOR-Server zu speichern. Sie stützte sich dabei auf ein heise online vorliegendes Gutachten der Kanzlei Osborne Clarke. Der Anonymisierungsdienst fällt demnach nicht unter die gesetzlichen Speichervorschriften, da diese sich unter Verweis auf EU-Recht nur auf "in der Regel gegen Entgelt" erbrachte Dienste beziehen.

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verweist zudem darauf, dass regelmäßig unentgeltlich angebotene Telekommunikationsdienste generell nicht von der Speicherverpflichtung erfasst sind. Dies beziehe sich auf alle Angebote, für die keine wesentliche Gegenleistung erbracht wird, weder von den Nutzern noch von Dritten. Biete eine Privatperson etwa einen Freemail-Dienst oder einen öffentlichen WLAN-Internetzugang unentgeltlich und aus eigenen Mitteln finanziert an, so brauche und dürfe sie keine Verbindungsdaten auf Vorrat lagern.

In der Regel unentgeltlich erbracht werden dem Juristen zufolge auch staatliche Dienste, etwa wenn Gemeinden kostenlose Internetzugänge oder E-Mail-Konten anböten. Solche im Wesentlichen steuerfinanzierten Leistungen seien von der Vorratsdatenspeicherung ausgenommen. Dies gelte selbst dann, wenn von den Nutzern zwar ein Unkostenbeitrag erhoben werde, dieser aber nur einen untergeordneten Teil der Kosten decke. Auch ein privater Dienst verliere seinen unentgeltlichen Charakter nicht alleine dadurch, dass ein Unkostenbeitrag erhoben oder Werbung eingeblendet werde. Die Einnahmen daraus dürften aber nur einen untergeordneten Kostenbeitrag ausmachen. Wer sicher gehen wolle, sollte auf solche Finanzierungsquellen allerdings verzichten. (Stefan Krempl) / (vbr)