Zypries wirft Google Urheberrechtsverstöße im großen Stil vor

Die Justizministerin hat Google als große Gefahr für das Urheberrecht ausgemacht. Angesichts der "zahlreichen Verletzungen des geistigen Eigentums im Internet" fragte sich die Ministerin auch, ob eine stärkere Regulierung des Netzes erforderlich ist.

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Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat Google als eine der großen Gefahren für das Urheberrecht im Internetzeitalter ausgemacht. Bei der Eröffnung einer internationalen Konferenz zur Zukunft des Urheberrechts in Berlin warf sie dem Suchmaschinenprimus vor, im Rahmen seines umkämpften US-Angebots "Book Search" Bücher ohne Einwilligung der Rechteinhaber "im großen Stil" eingescannt und online gestellt zu haben. "Erst anschließend fängt man an, mit den Autoren über eine Vergütung zu verhandeln", bemängelte die SPD-Politikerin. "Um es ganz deutlich zu sagen: So geht es nicht!" Sie teile daher die Kritik von deutschen Autoren und Verlagen an Google und unterstütze insoweit deren umstrittenen "Heidelberger Appell".

Das Beispiel zeigt für die Ministerin, "wie notwendig ein starkes Urheberrecht ist". Gerade im Printbereich gebe es noch Nachholbedarf, da hier noch kein eigenes "Leistungsschutzrecht" für Verlage bestehe. Die Schließung dieser Lücke sollte in der nächsten Legislaturperiode ernsthaft diskutiert werden. Generell seien "neue Antworten" nötig, wie die Rechte an immateriellen Gütern im digitalen Zeitalter "wirksam" zu schützen seien. Dabei sind laut Zypries vorab noch dringende Fragen zu klären, etwa, ob die internationalen und europäischen Rahmenbedingungen noch zeitgemäß sind. Beleuchtet werden müsse auch, "wie es mit der Sozialbindung des geistigen Eigentums heute aussieht". Eigentum solle schließlich auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen.

Angesichts der "zahlreichen Verletzungen des geistigen Eigentums im Internet" fragte sich die Ministerin auch, ob beispielsweise eine stärkere Regulierung des Netzes erforderlich ist. So werde es die Politik sicher "die nächsten Jahre beschäftigen", was aus den geplanten Sperren kinderpornographischer Seiten "folgen wird", schloss sie eine Ausweitung auf illegale Angebote geschützter Werke zumindest nicht komplett aus. Eventuell sinnvoll sei zudem eine "partielle Einschränkung der Anonymität im Internet", um etwa "Schüler in Chat-Räumen" besser zu schützen.

Weiter skeptisch zeigte sich die Ministerin gegenüber dem in Frankreich geplanten Modell der "abgestuften Erwiderung" auf Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen, die Warnhinweisen und eine zeitweiligen Kappung von Internetzugängen vorsieht. "In Deutschland haben wir eine andere Tradition hinsichtlich der Bedeutung des Datenschutzes", hielt Zypries dem entgegen. Für den "3 Strikes"-Ansatz sei eine enorme Datenspeicherung nötig, um wiederholte Verstöße festzustellen. Doch sie kenne kein anderes europäisches Land, in dem es Demonstrationen gegen die Vorratsdatenspeicherung gegeben habe und tausende Menschen Verfassungsbeschwerde gegen die Protokollierung der Nutzerspuren eingereicht hätten, verwies sie auf die "extreme Mobilisierung" durch den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: "Das ist auch gut so." Zugleich erwähnte sie sichtlich zufrieden, dass die französische Regierung mit ihrem Vorstoß in der Nationalversammlung "erst mal grandios gescheitert ist".

Zurückhaltend äußerte sich Zypries auch zu der von den Grünen neu entfachten Debatte über die Einführung einer Kulturflatrate, um eine pauschale Vergütung für die private Vervielfältigung einzuführen und das Anbieten geschützter Werke zur allgemeinen Nutzung über das Internet zu legalisieren. Das entspreche zwar der alten Überlegung, zu schützen, was man könne, und zu vergüten, was nicht zu schützen sei. Sie wisse aber nicht, "ob wir uns jetzt einen Gefallen tun", wenn die private Vermarktung von Werken mit Hilfe von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) "quasi von vornherein ad absurdum" geführt werde. Zudem könnte es verfassungsrechtliche Probleme geben, wenn die schon Rundfunkgebühren zahlenden Nutzer mit weiteren Pauschalgebühren für den Informationszugang belastet würden.

Generell soll es laut der Ministerin bei der Konferenz darum gehen, "das große Ganze in den Blick nehmen". Die Interessen der Beteiligten des urheberrechtlichen Schöpfungs- und Verwertungskreislaufes seien in unterschiedlichen Bereichen dabei oft ganz verschieden. Gefordert seien daher "differenzierte Lösungen".

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(Stefan Krempl) / (jk)