Überwachungsbefugnisse im BSI-Gesetz sollen entschärft werden

Vertreter der großen Koalition haben angekündigt, es werde bei der Novellierung des Gesetzes für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nun doch keine Erlaubnis für Anbieter von Telemedien geben, die Nutzerdaten zu speichern.

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Die große Koalition will die umstrittenen Pläne der Bundesregierung zur Ausrüstung des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und von Internetfirmen mit umfangreichen Überwachungsbefugnissen zurechtstutzen. Vor allem soll die im Raum stehende Erlaubnis für Anbieter von Telemedien entfallen, Nutzerdaten zum Zweck der Störungsbekämpfung zu speichern. Dies kündigten Vertreter der Fraktionen von CDU/CSU und SPD am gestrigen Montag bei einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestags zum Novellierungsentwurf für das BSI-Gesetz an. Der Ausschussvorsitzende, Sebastian Edathy (SPD), erklärte, dass sich aufgrund dieser Klausel "sehr viele besorgte Bürger" an die Abgeordneten gewandt hätten. Die mit dem Vorhaben verknüpfte Änderung auch des Telemediengesetzes (TMG) sei nun vom Tisch.

Zuvor hatten der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Datenschutzbeauftragte vor einer unverhältnismäßigen Protokollierung des Surfverhaltens etwa durch Google oder eBay gewarnt und teils zu Protesten aufgerufen. Auch der Bundesrat hatte gefordert, dass die Nutzerdaten zumindest "unverzüglich" bei Wegfall der Speichervoraussetzungen gelöscht werden sollten. Die Bundesregierung hatte ihre Initiative indes immer wieder gegen Kritik verteidigt.

"Grundsätzlich geeinigt" haben sich die Koalitionsfraktionen auch auf eine Entschärfung der nicht weniger umkämpften Befugnis für das BSI selbst, "Protokolldaten" einschließlich personenbeziehbarer Nutzerinformationen wie IP-Adressen unbegrenzt erheben und automatisiert auswerten zu dürfen. Wie auf der Anhörung zu hören war, soll die Behörde diese Angaben nur in anonymisierter oder pseudonymisierter Form zur Abwehr von Gefahren für die Informationstechnik des Bundes speichern und analysieren können.

Die Mehrzahl der geladenen Experten brachte schwere Bedenken gegen den Entwurf vor. Der Dresdener Informatikprofessor Andreas Pfitzmann etwa appellierte an die Abgeordneten, eine parlamentarische Kontrollkommission einzusetzen. Außerdem müsse die Behörde vor der Einleitung von Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung von Bürgern eine richterliche Genehmigung einholen. Weiter forderte er gemeinsam mit der Gesellschaft für Informatik (GI) eine Verpflichtung für das BSI, alle Erkenntnisse über Sicherheitslücken und Schadprogramme umgehend an Betroffene weiterzugeben und zeitnah veröffentlichen zu müssen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar erinnerte ebenfalls daran, dass der Transparenz der Verfahren zur Steigerung der Sicherheit in Informationssystemen des Bundes besondere Bedeutung zukomme und pochte auf umfangreiche Korrekturen. Der Bochumer Verfassungsrechtler Ralf Poscher monierte ein Ungleichgewicht zwischen Sicherheit und Datenschutz bei dem Vorhaben. Diesem fehlten entscheidende Regelungen, um Missbrauch zu verhindern. Die Software-Entwicklerin Annette Brückner fürchtete, dass durch den Entwurf der "digitale Tsunami" der Speicherung personenbezogener Daten noch angefacht werde. Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz unterstrich nach der Anhörung, dass es angesichts der vielfach erfolgten Einschätzung des Vorstoßes als "untauglich" und "verfassungswidrig" geradezu "unerträglich wäre", wenn die Koalition den Plan überhaupt noch weiter verfolge.

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(Stefan Krempl) / (jk)