Bundesrat soll Datenauslieferung an die USA stoppen

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat an die Länder appelliert, dem Gesetz zur Umsetzung des Abkommens zum Datentransfer nicht zuzustimmen. Auch das Gesetz zu Web-Sperren steht auf der Tagesordnung.

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Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat an den Bundesrat appelliert, dem umstrittenen Gesetzesentwurf zur Umsetzung des Abkommens zur Weitergabe sensibler personenbezogener Daten über Deutsche an die USA nicht zuzustimmen. "Unverhältnismäßigkeit, mangelnde Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit, unzureichende Zweckbindung, fehlende Sicherungen, kein effektiver Rechtsschutz – diese Übereinkunft verfehlt in nahezu allen Punkten die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an Grundrechtsbeschränkungen", wendet sich der Jurist in einem offenen Schreiben an die Länderkammer. Nach den "spektakulären Fehltritten des Gesetzgebers in den letzten Jahren wie etwa mit dem großen Lauschangriff oder der anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren sollte nicht riskiert werden, dass auch diese Vereinbarung für verfassungswidrig erklärt wird.

Die erst am Freitag vom Bundestag bestätigte Übereinkunft sieht laut Breyer vor, einer ungenannten Zahl US-amerikanischer Behörden bis hin zu Geheimdiensten einen direkten Online-Abgleich von Fingerabdrücken und DNA-Körperproben mit deutschen Datenbanken zu ermöglichen. Außerdem sollen deutsche Behörden den USA ungefragt melden dürfen, welche Personen sie der Beteiligung an oder Planung von terroristischen Aktivitäten verdächtigen. Die Betroffenen würden niemals von dem Informationsaustausch erfahren. Europäer hätten auch kein Recht, unabhängige Gerichte anzurufen, um sich gegen irrtümliche oder illegale Maßnahmen der US-Behörden zu wehren. Generell sei das Abkommen von der Bundesregierung in Verkennung des geringen Grundrechtsschutzes in den USA auf Basis vergleichbarer europäischer Regelungen konzipiert worden.

Weiter verweist der Jurist darauf, dass beim Bundesverfassungsgericht bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die Datenauslieferung an die USA im Rahmen der Cybercrime-Konvention des Europarates anhängig sei. Vor der Entscheidung Karlsruhes sollte sich der Bundesrat daher einer noch weiter gehenden Informationsauslieferung widersetzen und den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen. Ferner seien andere EU-Staaten irritiert über den Alleingang Deutschlands, da in den USA die Mindestgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gälten. Es sei daher auch mit Blick auf Brüssel besser, die Ratifizierung des Übereinkommens zu stoppen.

Der Bundesrat wird sich in seiner Plenarsitzung am Freitag vor der Sommerpause außerdem unter anderem mit dem umkämpften Gesetzesentwurf für Web-Sperren zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen beschäftigen. Dass die Länder dem Vorhaben ihre Zustimmung vorenthalten, ist nicht zu erwarten. So heißt es in der Erläuterung (PDF-Datei) zum entsprechenden Tagesordnungspunkt, dass der Bundestag mit seinen umfangreichen Änderungen und der Verabschiedung eines Spezialgesetzes "wesentliche Forderungen" des Bundesrates erfüllt habe. So sei etwa ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesdatenschutzbeauftragten einzurichten, das die Sperrliste jederzeit einsehen könne und diese quartalsweise zu überprüfen habe.

Zu dem von der Länderkammer zu absolvierenden Pensum gehört ferner das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts. Im Zentrum der Initiative steht die Straffung von Nichtigkeitsverfahren, in denen es um die Prüfung bereits erteilter gewerblicher Schutzrechte geht. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt auch hier, das Vorhaben passieren zu lassen. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht die erst kürzlich vom Parlament verabschiedete Reform des Datenschutzrechts, mit der die Weitergabe von personenbezogenen Daten an Dritte an etwas strengere Maßgaben geknüpft werden soll. Eine Empfehlung aus den Ausschüssen für das Abstimmverhalten der Länderchefs zu diesem Punkt liegt noch nicht vor. (Stefan Krempl) / (jk)