"Ungeheuerliches" Kontrolldefizit beim FBI beanstandet

Ein neuer Bericht des US-Justizministeriums beleuchtet das Ausmaß des Missbrauchs von Anti-Terror-Befugnissen beim FBI weiter. Selbst mit Post-it-Notizen gelangte die Polizeibehörde demnach an sensible Verbindungsdaten.

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Ein neuer Bericht des US-Justizministeriums beleuchtet das Ausmaß des Missbrauchs von Anti-Terror-Befugnissen beim FBI weiter. Wie der knapp 300 Seiten starke Untersuchungsreport (PDF-Datei) des Generalinspekteurs des Ministeriums, Glenn Fine, ausführt, gelangte die US-Polizeibehörde zwischen 2002 und 2007 selbst mit inoffiziellen Post-it-Notizen an sensible Verbindungsdaten. Auch auf E-Mail-Anfragen hin seien Informationen über Telefonkontakte und das Wann und Wo der Telekommunikation Verdächtiger von Telcos mehr oder weniger bedenkenlos herausgegeben worden. Ein für die Analyse befragter FBI-Agent verglich das enge Verhältnis zwischen den Ermittlern und den Strafverfolgungsexperten in Telekommunikationsfirmen mit einem Szenario, in dem man "einen Geldautomaten im Wohnzimmer hat".

Nachdem im Vorfeld von der rechtswidrigen Abfrage und der Auswertung von rund 2200 Verbindungsdaten mit Hilfe von "Dringlichkeitsschreiben" die Rede war, verweist der Regierungsbericht nun auf 3500 entsprechend illegal erlangte Angaben. Bei drei Providern hätten FBI-Agenten bis 2008 direkt in den Büros der Firmen gearbeitet, andere eigene Mitarbeiter zur Bearbeitung der Zugriffswünsche an die Polizeibehörde entsandt. Die rechtmäßig zumindest für die Ersuche zu verwendenden offiziellen Autorisierungsschreiben in Form der sogenannten National Security Letters (NSL) seien kaum zum Einsatz gekommen und auch nicht aufbewahrt worden. Im vergangenen Jahr hatte der Generalinspekteur dem FBI bereits bescheinigt, in hunderten Fällen auch mit diesem Ermittlungsinstrument gegen die Regeln verstoßen zu haben.

Verschlimmert wurde die Situation dem Report zufolge durch teils "ungeheuerliche" Kontrolldefizite mit Informationsabfragen auf Basis des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA). Diese Auskunftsrechte müssen in der Regel von einem Sondergericht erteilt werden. Das FBI umging diese Auflagen laut dem Bericht aber in mehreren Fällen. Generell sei das Vorgehen der Ermittler "schwer fehlerbehaftet" und "falsch aufgezogen" gewesen. Das FBI selbst versichert derweil, dass die bemängelte Praxis 2006 beendet worden sei. Zudem ergäbe der Bericht keine Hinweise darauf, dass sich Mitarbeiter Daten nicht nur aus legitimen Ermittlungsinteressen heraus beschafft hätten.

Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) kritisierte in einer Reaktion auf die Untersuchung, dass auch 2007 noch Schindluder mit dem NSL-Instrument getrieben worden sei. Erst nach öffentlichen Hinweisen auf das bedenkliche Zusammenspiel des FBI mit Telcos im März 2007 habe ein Umdenken begonnen. Der Vorsitzende des Rechtsausschuss des US-Senats, Patrick Leahy, konstatierte, dass es sich nicht nur um das Verletzen technischer Vorgaben gehandelt habe. Vielmehr seien die Autorisierungen auf "hohen Ebenen im FBI" erfolgt und jahrelang nicht gestoppt worden. Der Demokrat verwies zugleich auf die Notwendigkeit, die im Patriot Act angelegten Anti-Terror-Befugnisse der Sicherheitsbehörden zu beschneiden. Die Bestimmungen laufen im Februar aus, wenn der Gesetzgeber sich vorher nicht auf eine Reform einigt. (jk)