Gegen Überwachung: Anwälte aller Länder, vereinigt euch

Gerhard Ben-Ibler
Gerhard Ben-Ibler(c) (Clemens Fabry)
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Europas Advokaten kämpfen gemeinsam gegen eine Beschneidung der Bürgerrechte. Am Freitag trifft man sich in Wien.

Wien(aich). Österreich wird zur Drehscheibe der europäischen Anwaltschaft. 250 Personen, darunter Anwaltsvertreter aus allen EU-Ländern, treffen bei der 38.Europäischen Präsidentenkonferenz am Freitag in Wien zusammen. Herauskommen soll ein gemeinsames Plädoyer gegen den Überwachungsstaat.

Österreichs Anwälte-Präsident Gerhard Benn-Ibler sieht die Entwicklungen der letzten Jahre mit großer Besorgnis: „Wir glauben, dass das alles sehr gefährlich und nicht notwendig ist. Es entsteht das Bild eines gläsernen Menschen“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. Immer öfter werde man auf der Straße von Kameras gefilmt. Und die von der EU vorgeschriebene Vorratsdatenspeicherung halte fest, wer wann mit wem per Telefon oder Internet kommuniziert hat. „Zu glauben, dass man damit Terrorismus und organisierte Kriminalität bekämpfen kann, ist aber nicht richtig“, so Benn-Ibler. Derartige Ergebnisse seien niemals evaluiert worden. Und doch gebe es nach jedem neuen Terroranschlag „eine neue Beschränkung der Freiheitsrechte“.

Der Protest der europäischen Advokaten soll über die Anwaltskreise hinausgehen. So wurde zur Veranstaltung auch Diana Wallis, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, geladen. Sie wird eines der vier Impulsreferate zum Thema „Vom Rechts- zum Überwachungsstaat?“ halten. Die weiteren Referate werden von Morten Kjaerum (Direktor der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte), Hannes Tretter (Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte) und Georg Bürstmayr (Rechtsanwalt) gehalten.

Österreich soll Flagge zeigen

In Österreich ist die Vorratsdatenspeicherung noch nicht in Kraft. Benn-Ibler ärgert sich über den aktuellen Entwurf der Regierung: „Wir schießen damit über das Ziel hinaus.“ Man setze mehr um, als man laut EU-Vorgaben eigentlich müsse. Benn-Ibler wäre es sogar recht, wenn Österreich die Vorratsdatenspeicherung gar nicht einführte. Zwar würde man dann eine Klage der EU beim Europäischen Gerichtshof riskieren. „Aber bei der Zahl der Klagen, die gegen Österreich laufen, fällt das auch nicht ins Gewicht“, sagt Benn-Ibler.

Überdies sei es ehrenvoll, sich gerade bei der Verteidigung der Bürgerrechte vor Gericht bringen zu lassen. „Das wäre einmal eine Möglichkeit, Flagge zu zeigen“, so Benn-Ibler. Er hofft, dass im Fall des Falles der EuGH die Vorratsdatenspeicherung für grundrechtswidrig erklärt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2010)

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