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Telekom deckt 84 neue Spitzel-Fälle auf

Wirtschaftsredakteur
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Der Tonmann eines Fernsehteams vor dem Telekom-Logo. Neugierig war auch der Konzern – über das erlaubte Maß hinaus
Quelle: dpa
Die Konzernsicherheit der Deutschen Telekom hat bei der Überwachung von Mitarbeitern häufiger die Regeln gebrochen. Ein Bericht listet 84 Fälle auf, in denen gegen Gesetze verstoßen wurde. Vorstand Manfred Balz spricht von einer "Unkultur des Misstrauens". WELT ONLINE veröffentlicht den Bericht.

Die Deutsche Telekom hat bei Ermittlungen ihrer Konzernsicherheit häufiger die Regeln gebrochen als bislang angenommen wurde. Nach Auswertung konzerneigener Akten im Umfang von 100.000 Seiten ist das Unternehmen nun in 84 Fällen auf kritische Vorgänge gestoßen, weil sie unter anderem gegen das Post-, Fernmelde- oder Steuergeheimnis verstoßen haben.

„Letztlich sind die Unkultur des Misstrauens und ein hysterisches Sicherheitsverständnis in der Abteilung Konzernsicherheit dafür verantwortlich gewesen“, sagte Manfred Balz, Datenschutz-Vorstand der Telekom, bei der Vorlage des Untersuchungsberichtes in Bonn, der gemeinsam mit der Wirtschafsprüfungsgesellschaft KPMG erstellt wurde. Inzwischen gebe es im Konzern aber eine neue Sicherheitskultur, die eine Wiederholung ähnlicher Vorgänge ausschließen solle.

PDF-Dokument: Der Untersuchungsbericht der Deutschen Telekom bei WELT ONLINE

Grundlage der internen Untersuchungen waren Unterlagen, die von der Bonner Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen in der Bespitzelungsaffäre im Archiv der Konzernsicherheit bereits im Mai 2008 sichergestellt wurden. Die Staatsanwaltschaft untersucht derzeit das Ausspähen des Kommunikationsverhaltens von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat und in Betriebsräten und von Journalisten durch die Telekom.

Einen großen Teil der bei der Telekom sichergestellten Unterlagen hat die Staatsanwaltschaft Mitte vergangenen Jahres an den Konzern zur Akteneinsicht zurückgegeben, weil er nicht direkt mit der Bespitzelungsaffäre im Zusammenhang steht. In der Bespitzelungsaffäre hat die Telekom noch keine Akteneinsicht gewährt bekommen

„Unsere Untersuchung hat keine Sachverhalte ans Licht gefördert, bei der eine ähnliche kriminelle Energie wie in der Bespitzelungsaffäre an den Tag gelegt wurde“, sagte Balz in Bonn. Der Telekom-Manager sprach von „erratischen Einzelfalluntersuchungen, die von nicht ganz einsichtigen Motiven getrieben waren“. In vielen Fällen seien heute auch die Auftraggeber nicht mehr zu ermitteln.

Zwar umfassen die Daten den Zeitraum von 1998 bis 2007, doch drei Viertel der Fälle ereigneten sich den Angaben zufolge zwischen 2001 und 2005. Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Abteilung Konzernsicherheit in vielen Fällen auf eine vermeintliche Bedrohung überreagiert hat.

So wurden die Kommunikationsdaten von Mitarbeitern ebenso ausgewertet wie die Verbindungsdaten von externen Personen, was gegen das Telekommunikationsgesetz verstößt. In anderen Fällen wurde gegen Datenschutz, Strafrechts- und Arbeitsrechtsbestimmungen verstoßen, um vermeintlichen Betrugs- oder Diebstahlvorwürfen nachzugehen.

Die Telekom hat Informationen aus dem geschäftlichen und privaten Umfeld von Personen eingeholt, auch aus nicht öffentlich zugänglichen Quellen. Dabei hat die Konzernsicherheit auch mit Detekteien zusammengearbeitet. Es wurden Arbeitsplätze durchsucht, Beobachtungen vorgenommen und Kontobewegungen und Steuerdaten ermittelt. Die meisten Verstöße fanden in Deutschland statt, weitere 19 Fälle in Osteuropa.

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Die Telekom tut sich schwer zu erklären, wie diese Kultur in ihrer Konzernsicherheit entstehen konnte. Möglicherweise habe der Übergang von einem Staatsmonopol zum Wettbewerbsunternehmen, der mit kulturellen Spannungen einhergehe, ein solches Vorgehen begünstigt, sagte Balz. Wie das bei anderen Unternehmen sei, wisse er nicht. „Ich glaube nicht, dass wir ganz aus der Reihe fallen.“

Die Telekom hat nach eigenen Angaben Ende 2007 ihre Konzernsicherheit umstrukturiert, Führungspositionen neu besetzt, später auch die Zusammenarbeit mit auffälligen Detekteien eingestellt. Gegen verantwortliche Führungskräfte werde strafrechtlich ermitteln, gegen zwei Beamte werde ein Disziplinarverfahren geführt.

PDF-Dokument: Der Untersuchungsbericht der Deutschen Telekom bei WELT ONLINE

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