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Politik (Print DW)

"Die Bürgerrechte müssen gewahrt bleiben"

Korrespondentin in Washington
EU-Kommissarin Malmström zum Datenschutz

Brüssel - An ihrem ersten Arbeitstag als EU-Innenkommissarin bekam Cecilia Malmström gleich sehr viel Arbeit: Das EU-Parlament lehnte Mitte Februar das Swift-Abkommen für die Weitergabe von Bankdaten an die USA ab. Die Schwedin muss nun so schnell wie möglich ein neues Mandat schreiben. Als Ressortchefin für Inneres ist sie zudem zuständig für die europaweite Zusammenarbeit im Kampf gegen Terror, organisierte Kriminalität und für das Thema Einwanderung. Mit der 41-Jährigen, die zuvor EU-Abgeordnete und Stockholms Europaministerin war, sprach Stefanie Bolzen.

DIE WELT: Frau Kommissarin, am Donnerstag erging das Urteil im Sauerland-Prozess. Polizei und Juristen warnen, dass die Terrorbekämpfung geschwächt wird, wenn die Ermittler nur eingeschränkten Zugriff auf Daten haben.

Cecilia Malmström: Zum konkreten Fall kann ich nichts sagen. Das Programm zum Aufspüren von Terrorfinanzierung hat mehrfach zu Fahndungserfolgen geführt. Diese Informationen haben in der Vergangenheit geholfen, Terroranschläge in Europa zu vereiteln.

DIE WELT: Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht über die Klage von 35 000 Bürgern geurteilt und die Datenspeicherung in Deutschland in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig erklärt.

Malmström: Klar ist: Die Richter haben nicht die zu Grunde liegende EU-Richtlinie kritisiert. Aber ich kann verstehen, dass die Bürger empfindlich sind, wenn es um ihre Grundrechte geht. Wir brauchen hohe Standards bei der Sicherheit, aber wir müssen uns auch ansehen, ob sie angemessen und notwendig sind. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde die Frage der Sicherheit mitunter wichtiger als die der Grundrechte.

DIE WELT: Könnte das Karlsruher Urteil dazu führen, dass das geplante Swift-Abkommen platzt? Es sieht die Speicherung der Bankdaten für bis zu fünf Jahre vor.

Malmström: Wir sollten Swift und das Karlsruher Urteil nicht zu sehr vermischen. Aber ich will die EU-Richtlinie bis Ende des Jahres evaluieren lassen. Da werden wir uns nicht nur ansehen, ob sie angemessen und effektiv ist und wie hoch die Kosten sind. Sondern auch, ob sie mit der Grundrechtecharta des Lissabon-Vertrags vereinbar ist. Und wir dürfen nicht vergessen: In einigen EU-Ländern ist die Richtlinie noch gar nicht umgesetzt. In den Staaten, in denen sie Gesetz wurde, sagen die Behörden, dass sie nützlich sei.

DIE WELT: Sie arbeiten gerade am heftig umstrittenen Swift-Abkommen. Die Amerikaner behaupten, dass sie mithilfe von Bankdaten mehrfach Terroranschläge vereitelt hätten. Ist es ein Problem, wenn sie nun bald keine Daten mehr bekommen?

Malmström: Wenn die Debatte über Swift zu lange andauert, riskieren wir hier eine Sicherheitslücke. Da gibt es dann ein Informationsvakuum. Ich hoffe, dass die EU-Kommission noch diesen Monat ein neues Mandat annimmt. Nach der Zustimmung des Rats, die ich sehr schnell erwarte, können wir gleich am nächsten Tag mit den Verhandlungen beginnen. Bei allem wird das Parlament eng eingebunden.

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DIE WELT: Die Bankdaten werden aus technischen Gründen in großen Paketen und nicht in Einzeldaten übermittelt. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die US-Behörden nicht willkürlich darin herumstöbern?

Malmström: Sie haben nur Zugriff bei einem Straftatverdacht, sie können nicht einfach in den Daten fischen, es muss konkrete Verdachtsmomente geben. Wir werden versuchen, im nächsten Mandat mehr Garantien von europäischen Rechtsbehörden zu verankern, bevor wir Daten freigeben.

DIE WELT: Wenn die Amerikaner zu ungeduldig werden, könnten sie am Ende bilaterale Verträge schließen ...

Malmström: Derzeit sieht es nicht danach aus.

DIE WELT: Als Innenkommissarin sind Sie auch für Einwanderung zuständig. Der Druck auf die Staaten am Südrand ist enorm, die Situation in Griechenland etwa katastrophal. Wollen Sie mehr Solidarität einfordern, etwa mit einem Schlüssel zur Aufnahme von Flüchtlingen?

Malmström: Die EU-Kommission kann die Mitglieder nicht zwingen, Flüchtlinge aufzunehmen. Wir haben aber Pilotprojekte durchgeführt, etwa im Fall von Malta. Rund 300 Flüchtlinge wurden über die EU-Staaten verteilt, das war also ein positives Resultat. Aber das geht alles nur auf freiwilliger Basis.

DIE WELT: Sie haben jüngst die EU-Grenzschutzagentur Frontex gestärkt. Wird Europa zur Festung?

Malmström: Ganz sicher nicht. Aber wir müssen die Situation konfrontieren. Ich plane einen Vorschlag zur Harmonisierung bei der Beschäftigung von Saisonarbeitern. Damit wollen wir der Ausbeutung Illegaler einen Riegel vorschieben.

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