Neue britische Regierungskoalition will Vorratsdatenspeicherung begrenzen

Der konservative britische Premierminister David Cameron und sein Vize Nick Clegg von den Liberaldemokraten haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung auf eine Stärkung der Bürgerrechte und einen Rückbau des Überwachungsstaates verständigt.

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Der konservative britische Premierminister David Cameron und sein Vize Nick Clegg von den Liberaldemokraten haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung auf eine Stärkung der Grundrechte und einen Rückbau des Überwachungsstaates verständigt. Die beiden Regierungsparteien sind sich demnach einig, "ein volles Maßnahmenprogramm zur Umkehr der massiven Erosion der Bürgerrechte unter der Labour-Regierung zu implementieren". Der Grad der Staatseingriffe müsse zurückgefahren werden. Großbritannien gilt seit Längerem – nicht nur aufgrund der schier flächendeckenden Videoüberwachung – als Vorreiter bei der Anwendung von Überwachungstechniken.

Konkret geplant ist laut dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag ein "Freiheits- oder Großes Aufhebungsgesetz". Stoppen wollen Tories und Liberale die Einführung eines Personalausweises für alle Bürger, das nationale Melderegister, die nächste Generation biometrischer Pässe und eine Anti-Terror-Datenbank zur Erfassung von Kontaktpersonen. Die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Internet- und E-Mail-Verbindungsdaten soll beendet werden. Die Protokollierung von Nutzerspuren in diesem Bereich sei nur noch "mit gutem Grund" durchzuführen, heißt es in dem Fahrplan. Die Ausweitung der einjährigen Vorratsdatenspeicherung durch Telefongesellschaften auf Internetanbieter hatte vor einem Jahr heftige Proteste ausgelöst. Mit der neuen Ansage stemmt sich Großbritannien gemeinsam mit einer Reihe anderer EU-Länder gegen die umkämpfte EU-Richtlinie zur anlasslosen Erfassung von Telekommunikationskontakten.

Die britische Koalitionsregierung will zudem die Erfassung von Fingerabdrücken an Schulen etwa für den Einsatz biometrischer Systeme ohne Einwilligung der Eltern verbieten. Das britische Informationsfreiheitsgesetz, der Freedom of Information Act, soll ausgeweitet werden und "größere Transparenz" schaffen. Die zuletzt von den Konservativen mitgetragene DNA-Datenbank wollen die Koalitionäre nach schottischem Modell einschränken und stärkere Schutzvorkehrungen treffen. Videoüberwachung per "Closed Circuit Television" (CCTV) soll "stärker reguliert" werden. Weiter wollen die Konservativen und die Liberaldemokraten "Absicherungen gegen den Missbrauch der Anti-Terror-Gesetzgebung" einführen, die Meinungsfreiheit gesetzlich besser absichern und die Rechte für nicht-gewalttätigen Protest "wiederherstellen". Nicht zuletzt soll ein neues Verfahren verhindern, dass unnötige Strafvorschriften überhand nehmen.

Eine Passage zum Copyright-Schutz und zur weiteren Handhabung des umstrittenen Digital Economy Bill findet sich nicht im Koalitionsvertrag. Die Liberaldemokraten hatten sich bei der im Schnellverfahren erfolgten Beratung und Abstimmung über das Vorhaben gegen die Einführung eines Systems der "abgestuften Erwiderung" auf wiederholte Urheberrechtsverletzungen und gegen Internetsperren als Sanktionen ausgesprochen. Das Gesetz befindet sich noch teils unter dem Vorbehalt einer erneuten parlamentarischen Prüfung. Dennoch will die britische Regulierungsbehörde Ofcom schon Fakten schaffen. (jk)