Urteil: Kein Anspruch auf sofortige Löschung von IP-Adressen

Provider dürfen die ihren Kunden zugewiesenen IP-Adressen sieben Tage lang speichern, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz.

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Von
  • Joerg Heidrich

Nach einem jetzt im Volltext veröffentlichten Urteil (PDF-Datei) des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main vom 16. Juni 2010 darf ein Provider IP-Adressen von Kunden sieben Tage lang speichern. Ein Anspruch auf sofortige Löschung besteht dagegen nicht. Das Gericht bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts Darmstadt als Vorinstanz.

Der Kläger des Verfahrens verlangte von der Telekom, dass diese die ihm zur Internetnutzung jeweils zugeteilten und gespeicherten "dynamischen IP-Adressen" sofort nach Beendigung der Verbindung löscht. Zur Zeit der Klageerhebung speicherte der Provider die IP-Adressen noch 80 Tage nach dem Rechnungsversand. Das Landgericht hatte der Klage im Juni 2007 insoweit stattgegeben, als es der Telekom untersagte, die Daten länger als sieben Tage zu speichern. Im selben Jahr änderte der Provider seine Praxis dahin, dass die Speicherzeit auf sieben Tage reduziert wurde. Diese neue Speicherpraxis entspricht einer Absprache mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz.

Diese Änderung ging dem Kläger nicht weit genug. Nach seiner Ansicht müsse die Telekom die IP-Adressen jeweils sofort nach Beendigung einer Internetverbindung löschen. Hierzu sei sie im Interesse des Datenschutzes und des Schutzes seiner Privatsphäre verpflichtet. Weil über die IP-Adressen die Möglichkeit bestehe, das Nutzerverhalten auszuspähen und daraus Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des jeweiligen Teilnehmers zu ziehen, sei auch ein Speicherzeitraum von sieben Tagen nicht hinnehmbar.

Dieser Ansicht wollten die Richter des OLG jedoch nicht folgen und wiesen die Berufung zurück. Es sei kein Rechtsgrund ersichtlich, nach dem die Telekom verpflichtet sei, die IP-Adressen sofort nach Beendigung der Internetverbindung zu löschen. Bei den IP-Adressen handele es sich um für die "Berechnung des Entgelts erforderliche Daten" im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG).

Der Kläger verkenne bereits "die Vielseitigkeit seines Vertragsverhältnisses" mit seinem Provider. Bei dem "T-Online DSL flat"-Tarif handele es sich um eine Kombination von Dienstleistungen. Bei dieser könne sich der Kunde mit seinen Zugangsdaten auch über andere Telekommunikationsanschlüsse oder über andere Zugangstechniken einwählen. Dabei würden zum Teil Zusatzentgelte anfallen, die der Diensteanbieter abrechnen und nachweisen müsse. Hierfür sei auch die IP-Adresse notwendig. Bei einer Löschung dieser Daten "sofort" nach dem Ende der Internetverbindung wäre eine Abrechnung "überhaupt nicht möglich", da in diesem Fall keine Zuordnungsmöglichkeiten vorhanden wären.

Dem stünde auch nicht die Tatsache entgegen, dass es nach dem Vorbringen des Klägers etwa 15 anderen Zugangsanbietern möglich ist, die IP-Adressen nach Ende der Session zu löschen. Es sei davon auszugehen, dass diese keine zusätzlichen Dienstleistungen anbieten und sich in der Regel für den Zugang eines anderen Anbieters bedienen.

Eine Speicherung der IP-Adressen sei auch aus sicherheitstechnischen Gesichtspunkten erlaubt. Nach den Vorschriften des TKG sei auch eine Speicherung von Verkehrsdaten erlaubt, soweit dies "zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen oder Fehlern der TK-Anlage" erforderlich sei. Bei einer sofortigen Löschung der IP-Adressen sei es dem Provider "derzeit praktisch unmöglich", einen relevanten Teil von technischen Problemen zu bearbeiten.

Schließlich habe der Kläger auch nicht nachweisen können, dass es der Telekom möglich sei, die IP-Adressen schneller als nach Ablauf von sieben Tagen zu löschen, ohne dass dies ihre Abrechnung mit ihren Kunden und die Störungserkennung beeinträchtige. Daher sei dieser mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten abgesprochene Zeitraum nicht zu beanstanden.

Nach Mitteilung des Klägervertreters wurde gegen das Urteil inzwischen Revision eingelegt, die beim Bundesgerichtshof anhängig ist (Az.: III ZR 146/10). (vbr)