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Netz-Überwachung Telekom schlägt "Quick-freeze" von Daten vor

Die Telekommunikationsbranche sieht offenbar keinen Bedarf für eine Novellierung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung. Das ist das Ergebnis eines Workshops im Bundesjustizministerium, auf dem Vertreter der Unternehmen zur bisherigen Datenerfassung Stellung nahmen.
Datenkabel: Wer darf wie lange auf die Daten der Bürger zugreifen?

Datenkabel: Wer darf wie lange auf die Daten der Bürger zugreifen?

Foto: Thomas Kienzle/ AP

Berlin - Bei den Unternehmen der Telekommunikationsbranche werden nach Informationen von SPIEGEL ONLINE weiterhin alle Telefonverbindungsdaten gespeichert. Die Strafverfolgungsbehörden könnten also heute genauso auf die Telefonverbindungsdaten zugreifen wie es vor Einführung der Vorratsdatenspeicherung möglich gewesen sei, hieß es aus Teilnehmerkreisen eines Workshops im Justizministerium. Eine anlassloses Sammeln von Daten - wie im Vorratsdatenspeicherungsgesetz - sei daher nicht notwendig, hieß es weiter.

Die Ermittlungsbehörden müssen nach der jetzigen Praxis konkrete Anlässe an die Anbieter mitteilen, um an die Daten zu kommen. Nach Angaben der Telekommunikationsbranche seien 95 Prozent der Datenabfragen der Behörden Urheberrechtsverletzungen und Straftaten der kleineren und mittleren Kriminalität wie etwa Beleidigungen, so ein weiteres Ergebnis des Workshops.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im März die anlasslose Datenspeicherung, die durch das Vorratsdatenspeicherungsgesetz möglich war, gekippt. Alle Telekommunikationsanbieter mussten daraufhin die Datensätze löschen. Zugleich forderte das Gericht Korrekturen bei der bis dahin erlaubten sechsmonatigen Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten. Die Unionsfraktion im Bundestag verlangt seitdem vom Bundesjustizministerium eine Überarbeitung des Gesetzes, das sie zusammen mit der SPD in der Großen Koalition auf den Weg gebracht hatte.

Wolfgang Bosbach

Erst kürzlich hatte der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, (CDU) erkärt, erklärt, das Internet werde "zunehmend zum strafverfolgungsfreien Raum," Kriminelle wüssten, dass sie nirgendwo sicherer handeln könnten als im Netz, weil ihre elektronischen Spuren nicht mehr gespeichert würden, so Bosbach.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Die Vorratsdatenspeicherung ist innerhalb der schwarz-gelben Koalition höchst umstritten, zumal die jetzige selbst zu den Klägern gehörte, die einst vor das Bundesverfassungsgericht zogen. Die Haltung der Telekommunikationsbranche dürfe daher der kritischen Auffassung der FDP entgegenkommen.

Telekom

Vorratsdatenspeicherung

So schlug die auf dem Workshop alternativ zur das sogenannte Quick-freeze-Verfahren vor. Es gilt als bürgerfreundlicher, weil es weniger Eingriffe in die Grundrechte vorsieht. In dem Papier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, schreibt der Branchenriese: "Sofern bei Quick-freeze-Verfahren nur die Datentypen gesichert werden müssen, die von Providern in ihren Standardprozessen zur Rechnungslegung verarbeitet werden, ist dieses Verfahren der klassischen Vorratsdatenspeicherung eindeutig vorzuziehen." Und weiter heißt es dort: Datensparsamkeit, Kosten für Betrieb und Investitionskosten stünden beim sogenannten Quck-Freeze-Verfahren "in einem ausgewogenen Verhältnis".

Bundesdatenschutzbeauftragten

Das "Quick-Freeze"-Verfahren wurde jüngst auch vom Peter Schaar vorgeschlagen. Das könne "im Rahmen der Strafverfolgung, bei Urheberrechtsverstößen oder zur Gefahrenabwehr erforderlich" geschehen. In einer ersten Stufe sollen die Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet werden, auf behördliche Anordnung hin bestimmte Verkehrsdaten nicht zu löschen. Diese Daten müsse die Behörde dann konkreter benennen, etwa Verbindungsdaten einer Person, die einer Straftat verdächtig wird.

In einem zweiten Schritt müssten innerhalb einer vorgegebenen Frist die Ermittlungsbehörden nachweisen, dass sie auf Grund gesetzlicher Vorgaben diese Daten in einem Ermittlungsverfahren verwenden können. Als Vorbild nannte Schaar die USA. Dort gebe es eine Frist von maximal zwei Monaten.

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