Datenschutz: Angst vor Telekom

Linksliberale Richter sind gegen eine Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten: Hacker und Spione könnten Zugriff bekommen.

Bekam Ärger durch Datenschluder: Gregor Gysi Bild: ap

FREIBURG taz Die Neue Richtervereinigung (NRV) warnt vor der geplanten Vorratsspeicherung von Telefondaten. Am Dienstag legte sie zusammen mit anderen Bürgerrechtsgruppen eine 44-seitige Stellungnahme vor. Der Staat soll auf "verdachtsunabhängige, flächendeckende maschinelle Überwachung der Bevölkerung" verzichten.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung der Vorratsspeicherung wurde im April beschlossen. Auf Vorgabe der EU sollen die Telekom-Unternehmen alle Verbindungsdaten sechs Monate lang vorrätig halten. Bei Bedarf könnte die Polizei dann rekonstruieren, wer mit wem in dieser Zeit per Telefon, E-Mail oder SMS in Verbindung gestanden hat. Der Inhalt von Gesprächen und Mails soll dabei nicht erfasst werden. Bei Flatrate-Kunden werden die Verbindungsdaten von den Firmen derzeit nicht erhoben.

Die linksliberale NRV hält die zwangsweise Vorratspeicherung für "grob unverhältnismäßig". Die Polizei habe nämlich gar keinen Bedarf hierfür. Verwiesen wird auf eine Untersuchung des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 2005, wonach die Polizei nur 381 Fälle gemeldet habe, bei denen sie überhaupt auf Verbindungsdaten zugreifen wollte.

Die NRV sieht die eigentliche Gefahr auch nicht im Zugriff der Ermittler auf die Daten. Dieser werde Prognosen zufolge nur in 0,0004 Prozent der Fälle erfolgen. Gefährlich sei vielmehr, dass Hacker oder Wirtschaftsspione die bei den Telekom-Firmen gespeicherten Daten von 80 Millionen Deutschen auskundschaften könnten. Auch unzuverlässige Mitarbeiter der Telekom-Unternehmen seien eine Gefahr.

Die besorgten Richter erinnern an eine Indiskretion von Lufthansa-Mitarbeitern im Jahr 2002, durch die eine private Nutzung dienstlicher Bonusmeilen durch mehrere Politiker bekannt wurde. Damals wurden unter anderem die Karrieren von Gregor Gysi (Linke) und Cem Özdemir (Grüne) beschädigt.

Die Bürgerrechtler forderten am Dienstag auch ein Moratorium. Der Bundestag soll mit seinem Beschluss zur Vorratsspeicherung warten, bis der Europäische Gerichtshof im nächsten Jahr über eine irische Klage gegen die zugrunde liegende EU-Vorgabe entschieden hat.

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