Massen-Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung

Über 5000 Beschwerdeführer legen Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung ein. Sobald der Bundestag den Gesetzentwurf im Herbst dieses Jahres beschließt, wird sie offziell eingereicht.

Etwas über 5000 Beteiligte haben bis zum 30. Juli 2007 Juli per Vollmacht ihre Beschwerdeführerschaft verbindlich gemacht, meldet der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Weitere rund 17000 Personen haben sich lediglich registriert, die entscheidene Vollmacht für den Rechtsanwalt zur Beschwerdeerhebung aber noch nicht eingesandt. Die Beschwerde wird für alle Teilnehmenden gemeinsam vom Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik geführt. Sie soll beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden, wenn der am 18.04.2007 beschlossene Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten Gesetz wird. Zur Zeit befindet sich der Entwurf noch im Gesetzgebungsverfahren.

Hinter dem Terminus “Vorratsdatenspeicherung” verbirgt sich die erweiterte Speicherungspflicht von Verbindungsdaten für Telekommunikationsanbiete. Sie soll im Telekommunikationsgesetz in der Fassung von 2004 neben anderen Änderungen eingefügt werden. Der Gesetzentwurf (Bundesrat Drucksache 275/07) sieht in §113a vor, dass sechs Monate lang gespeichert werden muss, wann jemand wie lange und mit wem kommuniziert hat. Das soll für Telefondienstanbieter einschließlich Mobilfunk, E-Mail- sowie Internetzugangsanbieter gelten.

Dagegen möchten Personen der verschiedensten Berufe Beschwerde einlegen: Als die Zahl der Vollmachten noch 2500 betrug, war jeder zehnte Kläger in einem Vertrauensberuf tätig, davon 19% als Journalisten, 7% als Ärzte, Zahnärzte oder Apotheker sowie 5% als Rechtsanwälte. Andere Teilnehmer sind Geistliche, Heilpraktiker, Krankenpfleger, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder Unternehmensberater. Für die derzeitige Zahl an Beschwerdeführern liegt eine Aufteilung nach Berufsgruppen nicht vor, sagte Ralf Bendrath vom Arbeitskreis im Gespräch mit Linux-Magazin Online.

Nach Bendraths Beobachtung sind die Beteiligten nicht ausschließlich technisch Versierte oder Angehörige von Vertrauensberufsgruppen. Gerade, weil das Gesetzesvorhaben allgemeine Kommunikationsmittel wie Telefon betreffe, verstünden die Leute, dass sie tatsächlich betroffen sind. Dazu müsse man nicht internet- oder computeraffin sein. Die Menge der Beteiligten sei, so Bendrath, nicht auf Stimmungsmache zurückzuführen, sondern die Leute hätten tatsächlich verstanden, dass ihre Grundrechte betroffen seien. Einblick in die Motive der Protestler bieten die fast 2000 bisher verfassten offenen Briefe an Bundestagsabgeordnete, zu denen der Arbeitskreis ebenfalls ermuntert.

Ein Rekord ist die Zahl der 5000 Beschwerdeführer jedoch nicht, auch wenn das verschiedenenorts kolportiert wird. Der Arbeitskreis bezeichnet lediglich den gemeinsamen Aufruf mehrerer Bürgerrechtsgruppen und -vertreter als einmalig in der deutschen Geschichte. Er hat sich vorgenommen, einen neuen Rekord der Anzahl an Beschwerdeführern zu einer gemeinsamen Verfassungsbeschwerde aufzustellen. Einem Rekord müsste folgende Größenordnung als Grundlage dienen: Im Jahr 2004 hat der Verein “Antroposophische Heilkunst e.V.” eine Sammel-Verfassungsbeschwerde angestrengt, an der sich nach Angaben des Vereins innerhalb von vier Wochen 6575 Einzelkläger beteiligten. Beim Bundesverfassungsgericht tatsächlich eingetragen sind für diese Beschwerde 6.509 Einzel-Beschwerdeführer, teilte das Gericht auf Anfrage mit.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft seit November 2006 dazu auf, sich an der Sammel-Verfassungsbeschwerde zu beteiligen. Die Teilnehmer rekrutieren sich bundesweit aus Interessierten ständig steigender Zahl und koordinieren sich über Mailinglisten und Ortsgruppen. Ungefähr 400 Menschen haben die bundesweite Mailingliste abonniert, über die gemeinsame Aktionen organisiert werden.

E-Mail Benachrichtigung
Benachrichtige mich zu:
0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Nach oben