Eigentlich hatte sich die Bundesregierung für die neue Wahlperiode vorgenommen, den Arbeitnehmerdatenschutz zu stärken. Das schien nach den Überwachungsskandalen bei Lidl, Telekom und Co. und den zahlreichen Datenspionagen etwa bei der Bundesagentur für Arbeit auch dringend nötig. Doch jetzt startet die Regierung ausgerechnet mit einem Gesetz ins Jahr 2010, das in Sachen Arbeitnehmerdaten sammelwütiger daherkommt als je zuvor.

ELENA ist die Abkürzung für "Elektronischer Entgeltnachweis". Er verpflichtet Arbeitgeber, alle einkommensrelevanten Informationen über ihre Mitarbeiter an ein zentrales Verzeichnis der Deutschen Rentenversicherung weiterzugeben. Vordergründiges Ziel ist Service am Kunden: Antragsteller sollen unbürokratisch und papierlos Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Wohn- oder Elterngeld erhalten können. Hinzu kommt der Service am Unternehmen: Durch ELENA würden die Unternehmen ab 2012 um jährlich 85,6 Millionen Euro Bürokratiekosten sparen, heißt es beim Wirtschaftsministerium.

Gewerkschaften und Datenschützer sind indes entsetzt, wie viele und vor allem welche Informationen die Arbeitgeber nun an die zentrale Speicherstelle weitergeben sollen: Allein die Ausfüllhilfe für ELENA ist ein 57 Seiten starkes Dokument. Abgefragt werden demnach unter anderem auch "Fehlzeiten". Und Elena will wissen, ob der säumige Arbeitgeber möglicherweise an einem Streik teilgenommen hat.

Von Gewerkschaftsseite her fiel die Reaktion heftig aus: "Ich bin schockiert, dass solche Daten zentral gelagert werden", zitiert die Frankfurter Rundschau den Vorsitzenden des Ver.di-Gewerschaftsrats, Werner Filipowski.

Ab Mitte 2010 wird es auch nicht mehr genügen, wie bislang bei der Kündigung eines Arbeitnehmers nur dessen Austrittsdatum mitzuteilen. Vielmehr will ELENA auch den Grund der Kündigung wissen. Eine weitere Rubrik lautet "gegebenenfalls Schilderung des vertragswidrigen Verhaltens in freier Formulierung".

Eigentlich ist das Gesetz bereits beschlossene Sache. Doch auch im Hause des Bundesdatenschutzbeauftragten (BDFI) Peter Schaar ist man hellhörig geworden. "In der Datenbank sollten nur objektive Daten gespeichert werden", heißt es hier auf Nachfrage. "Werturteile des Arbeitgebers oder etwa die Frage nach einem Streik – und damit nach einer möglichen Gewerkschaftszugehörigkeit – sind mit größter Skepsis zu betrachten." Deshalb spreche man auch mit dem verantwortlichen Ministerium.

"Datenschutz hat immer auch eine soziale Dimension, die bei diesem Vorgehen völlig unterlaufen wird", kritisiert auch Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen. Die umfangreiche Dokumentation von Streikteilnahme oder möglichen Kündigungsgründen könne spätere Nachteile bei der Jobvermittlung bewirken und greife viel zu stark in die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein, sagt er.

"Besonders die immer stärkere Verknüpfung von zentralen Datenbanken und ihr internationaler Austausch kann zu einer konkreten Gefahr führen", sagt Spitz. Die Datenpannen bei der Bundesagentur für Arbeit hätten zudem gezeigt, wie wenig Bedeutung die Agentur dem Schutz solch vertraulicher Daten dort einräume.