Vorratsdatenspeicherung: Alle Firmen müssen mitmachen

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hebt die Befreiung für British Telecom und andere Unternehmen wieder auf. Diese wollten, dass der Staat die Kosten der Überwachung übernimmt.

Alle Telekomfirmen werden jetzt in die Speicherpflicht genommen - koste es, was es wolle. Bild: dpa

FREIBURG taz | Kurz vor der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts werden nun auch die letzten Telefon- und Internetfirmen zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen. British Telecom, Mobilcom, Debitel und QSC waren bisher aufgrund von Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin von der Speicherpflicht befreit. Am Montag nachmittag hob jedoch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg diese Beschlüsse wieder auf.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde in Deutschland Anfang 2008 eingeführt. Seitdem wird sechs Monate lang gespeichert, wer mit wem wie lange telefoniert hat. Auch die Standortdaten von Mobiltelefonen werden festgehalten. Seit Anfang 2009 wird zudem registriert, wer sich wann ins Internet eingeloggt hat und wer wem gemailt hat. Die Daten werden bei den Telefon- und Internetfirmen gespeichert. Die Polizei kann nur im Verdachtsfall darauf zugreifen.

British Telecom und die anderen drei Firmen haben keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Speicherpflicht geltend gemacht. Sie kritisieren jedoch, dass die Vorratsdatenspeicherung hohe Kosten für Hard- und Software verursacht. Da der Staat nur für einzelne Auskünfte eine Entschädigung zahlt, nicht aber für die Investitionskosten, fühlen sich solche Unternehmen benachteilgt, bei denen die Polizei selten oder nie nach den gespeicherten Daten fragt. Die Firmen haben deshalb verlangt, dass der Staat ihre Umstellungskosten übernimmt.

Letztlich ist es eine Grundsatzfrage, ob der Staat die Überwachungskosten ersetzen muss, die er bei privaten Firmen verursacht. Hierüber wird eines Tages das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dort war bis vor kurzem sogar bereits ein ähnlicher Fall anhängig. Die Firma Cable and Wireless unterhält Vermittlungsstellen für Auslandstelefonate, so genannte "Auslandsköpfe", und wollte die Technik zu deren Überwachung nicht ohne Entschädigung anschaffen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte den Fall in Karlsruhe vorgelegt. Dort erklärte man die Vorlage im Juni 2009 allerdings für unzulässig. weil die Investitionskosten der Firma nicht konkret ermittelt wurden. Die ungeprüfte Übernahme von Unternehmensangaben reiche nicht aus, so Karlsruhe. Es wird also noch eine Weile dauern, bis die Grundsatzfrage geklärt wird.

Bis dahin hatte das Berliner Verwaltungsgericht 2008 insgesamt fünf Firmen zunächst von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung befreit. Doch wurde dieser Beschluss jetzt in der zweiten Eil-Instanz vom OVG Berlin-Brandenburg aufgehoben. Das Gericht kam nach einer Interessensabwägung zum Schluss, dass die Zweifel an der Kostenregelung und die drohenden Nachteile für die Firmen ein Aussetzen der Speicherpflicht nicht rechtfertigen können. Für die Vorratsdatenspeicherung spreche, dass sie Vorteile bei Strafverfolgung und Gefahrenabwehr bringe und EU-weit vorgeschrieben sei. Erfolg hatte damit die Bundesnetzagentur, die als Aufsichtsbehörde die Firmen zur Erfüllung ihrer Speicherpflichten aufgefordert hatte. (Az.: 11 S 81/08 u.a.)

Nur der kleine Internet-Anbieter Domain Factory muss weiterhin nicht speichern. Die Richter bezweifelten, ob die Firma überhaupt zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet ist. Mit weniger als 10 000 Kunden wäre sie befreit.

Nun richtet sich das ganze Interesse auf das Bundesverfassungsgericht. Am 15. Dezember wird in Karlsruhe die Frage verhandelt, ob die Vorratsdatenspeicherung gegen das Grundgesetz verstößt. Gegen das Gesetz haben 14 FDP-Politiker, darunter Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und rund 34 000 vom AK Vorrat koordinierte Bürger Verfassungsbeschwerde eingereicht. Das Urteil wird dann einige Monate nach der Verhandung verkündet.

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