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Kampagne zum Stopp der drohenden Überwachung von Flugreisenden (12.02.2008) Drucken E-Mail

 Im Vorfeld des am Freitag im Bundesrat zur Abstimmung stehenden EU-Plans zur massenhaften staatlichen Aufzeichnung und Überwachung von Flugreisenden ruft der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Ministerpräsidenten zur strikten Ablehnung jeder verdachtslosen Protokollierung ihres Reiseverhaltens aufzufordern.

Nach der totalen Protokollierung der Telekommunikation will EU-Innenkommissar Frattini nun die Flugreisen sämtlicher europäischer Bürger verdachtsunabhängig registrieren und 13 Jahre lang in Datenbanken aufbewahren lassen. Erfasst werden sollen sämtliche Flüge zwischen Europa und Nicht-EU-Staaten. Am Freitag, den 15. Februar entscheiden die Ministerpräsidenten der Länder, ob die Bundesregierung dem Vorhaben zustimmen soll oder nicht [1].

Die Abstimmungsvorlagen [2] des EU- und des Innenausschusses sehen lediglich eine Abschwächung der millionenfachen Überwachung von Flugreisenden vor, während der Justizausschuss das verfassungswidrige Vorhaben insgesamt ablehnt. Trotz der entgegen stehenden Vorgaben des Grundgesetzes will der Innenausschuss sogar eine 10-jährige staatliche Vorhaltung sämtlicher Flugbewegungen und persönlicher Daten von Flugpassagieren erreichen. Dazu gehören Wohnadresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Adresse und Telefonnummer am Zielort, Zahlungsdaten einschließlich Kreditkartennummer, Reiseverlauf, Essen und alle zu einer Mietwagen- oder Hotelbuchung gehörenden Daten (sogenannte "Passenger Name Records" oder "PNR") [3].

Um die EU-Pläne diesmal rechtzeitig aufzuhalten, veröffentlicht der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eine Liste der Faxnummern der Ministerpräsidenten und bittet besorgte Bürger, von ihrer Landesregierung den endgültigen Stopp des monströsen Vorhabens zu verlangen.

Die Kontaktdaten und ein Musterbrief finden sich auf der Webseite:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/PNR-Briefe .

 In einer letzte Woche veröffentlichten Stellungnahme der Bundesregierung [4] heißt es: "Die Nutzung von PNR kann ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und anderer schwerer Straftaten wie der organisierten Kriminalität darstellen." "Da diese Behauptung weder begründet noch mit Tatsachen belegt wird, ist sie wissenschaftlich nicht haltbar und unseriös", entgegnet Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Für keine einzige Straftat und erst recht nicht für terroristische Anschläge ist nachgewiesen, dass sie mit heute nicht verfügbaren Daten hätte verhindert werden können."

Es spreche aber nicht nur der mangelnde Nutzen gegen die verdachtslose "Vorratsspeicherung aller Flugreisebewegungen", sondern auch der grundsätzliche Gedanke, dass ein moderner demokratischer Staat nicht verdachtslos Daten aus allen möglichen Lebensbereichen sämtlicher Bürgerinnen und Bürger erheben dürfe, so Ricardo Cristof Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Unsere freie demokratische Gesellschaft sollte auf Freizügigkeit und Vertrauen basieren, nicht auf Misstrauen und Überwachung."

padeluun vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: "Wie lange sollen wir noch zuschauen, wie unser alltägliches Leben mehr und mehr unter permanente Beobachtung gestellt wird? Wir erleben gerade am eigenen Leibe den Aufbau eines Überwachungsstaats. Freiheit ist etwas Flüchtiges. Sie ist gerade dabei, sich auf der Passagierliste einzutragen und davon zu fliegen."

Hintergrund:

Nach Plänen der EU-Kommission könnten die Fluggastdaten zum Abgleich "mit einer Reihe von Merkmalen und Verhaltensmustern zwecks Erstellung eines Risikoprofils" verwendet werden, "um Flugreisende mit hohem Gefährdungspotenzial herauszufiltern". Derartige Verfahren führen in den USA dazu, dass eine Vielzahl unschuldiger Menschen in Schwierigkeiten bei der Grenzabfertigung geraten, ihnen die Einreise verweigert wird, sie verhört oder gar inhaftiert werden. [5]

Anders als die Vorratsdatenspeicherung soll die Fluggastdatensammlung im Wege eines sogenannten "Rahmenbeschlusses" durchgedrückt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass EU-Rahmenbeschlüsse - anders als EG-Richtlinien - keinen Vorrang vor deutschem Recht haben und "von der deutschen Gerichtsbarkeit voll überprüft werden". [6] Ein Rahmenbeschluss kann nur einstimmig, also nur mit Zustimmung der Bundesregierung, gefasst werden. Die Niederlande, Österreich, Schweden und Ungarn haben sich schon im Vorfeld ablehnend zu dem Vorhaben geäußert, während die Bundesregierung den Plan befürwortet hat. [7]

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung appelliert an Bundesrat und Bundestag, der Bundesregierung die Zustimmung zu dem verfassungswidrigen Vorhaben zu untersagen. Da für keine einzige Straftat – erst recht nicht für terroristische Anschläge - nachgewiesen ist, dass sie mit heute nicht verfügbaren Daten hätte verhindert werden können, ist der Vorschlag von vornherein untauglich. Stattdessen würde er Millionen von Euro verschlingen, die an anderer Stelle dringend benötigt werden, um etwa die radikalen Kürzungen der letzten Jahren bei Projekten zur Gewaltprävention rückgängig zu machen. Nach Angaben der EU-Kommission würde die Flugdatensammlung allein im ersten Jahr 600 Mio. Euro Steuergelder kosten, in den Folgejahren jeweils 73 Mio. Euro. Die Fluggesellschaften würde das Vorhaben im ersten Jahr 18 Mio. Euro und in den Folgejahren je 7 Mio. Euro kosten. [7] All diese Kosten wären letztlich vom Bürger durch Steuern oder höhere Flugpreise zu tragen.

Musterbriefe und Faxnummern der Ministerpräsidenten (Kampagnen-Website):
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/PNR-Briefe

Pressekontakt:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/component/option,com_mambowiki/Itemid,125/

[1] Tagesordnung des Bundesrats: http://www.bundesrat.de/cln_051/nn_38758/DE/parlamentsmaterial/to-plenum/841-sitzung/tagesordnung/to-841,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/to-841.pdf

[2] Abstimmungsvorlagen der Bundesratsausschüsse: http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2007/0801-900/826-1-07,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/826-1-07.pdf

[3] Aufbau der Passenger Name Records:
http://de.wikipedia.org/wiki/Passenger_Name_Record

[4] Stellungnahme der Bundesregierung:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/079/1607964.pdf

[5] Zehntausende fälschlich als Terrorverdächtige gelistet:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/67083

Herzkranker Deutscher unschuldig in USA inhaftiert:
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2007/t_cid-3710902_mid-3718350_.html

[6] Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Vertrag:
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv089155.html.

[7] Impact Assessment der EU-Kommission:
http://ec.europa.eu/dgs/justice_home/doc/sec_2007_1453_en.pdf

Weitere Dokumente:

Vorschlag der EU-Kommission:
http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2007/0801-900/826-07,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/826-07.pdf

Zusammenfassung des Bundesrats:
http://www.bundesrat.de/cln_051/nn_6906/SharedDocs/TO/841/erl/54,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/54.pdf

Zusammenfassung der Folgenabschätzung:
http://www.europarl.europa.eu/registre/docs_autres_institutions/commission_europeenne/sec/2007/1422/COM_SEC(2007)1422_DE.pdf

Vollständige Folgenabschätzung (englisch): http://ec.europa.eu/dgs/justice_home/doc/sec_2007_1453_en.pdf

Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten der EU (englisch): http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/docs/wpdocs/2007/wp145_en.pdf

Stellungnahme des europäischen Datenschutzbeauftragten (englisch): http://www.edps.europa.eu/EDPSWEB/webdav/site/mySite/shared/Documents/Consultation/Opinions/2007/07-12-20_EU_PNR_EN.pdf

Stellungnahme des Unabhängigen Landesdatenschutzbeauftragten in Schleswig-Holstein: https://www.datenschutzzentrum.de/flugdaten/20071204-rahmenbeschluss-pnr.html

 
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