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Bundesrat: Reden und Entschließung zur Fluggastdatensammlung (21.02.2008) Drucken E-Mail

Am 12. Februar startete der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eine Kampagne zum Stopp der drohenden Überwachung von Flugreisenden. Die Debatte und Entscheidung des Bundesrats zeigt, dass die Kampagne ein Teilerfolg war.

Positiv ist, dass die Forderung des Innenausschusses abgelehnt worden ist, die Fluggastdaten unglaubliche zehn Jahre lang zu speichern. Negativ ist, dass der Bundesrat das Vorhaben nicht klar ablehnt, sondern nur die "Änderung" des Entwurfs fordert.

Es folgen zwei zu Protokoll gegebene Reden und die Entschließung des Bundesrats: 

FDP-Rede 

Anlage 14:

Erklärung von Minister Prof. Dr. Wolfgang Reinhart (Baden-Württemberg) zu Punkt 54 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Prof. Dr. Ulrich Goll gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:

Wir behandeln heute den Vorschlag der Europäischen Kommission über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zu Strafverfolgungszwecken. Im Vorfeld unserer Sitzung ist hierüber schon oft geredet worden. Lassen Sie mich daher in aller Kürze die wichtigsten Punkte noch einmal nennen:

Es geht um sogenannte PNR-Daten, einen Satz von 19 Daten, mit deren Hilfe Reisebewegungen erfasst werden. Hierzu gehören nicht nur Anschrift und Kontaktangaben des Reisenden, sondern auch Informationen über Flugbuchung und tatsächlichen Reiseverlauf, über das Reisebüro und den dortigen Sachbearbeiter, über Essgewohnheiten, Kreditkartennummer oder Sitzplatz. Die Kommission möchte erreichen, dass künftig alle Fluggesellschaften diese Daten laufend, anlassunabhängig und ohne jeden Verdacht an eine zentrale nationale Stelle übermitteln. Dort sollen sie ausgewertet und 13 Jahr lang gespeichert werden. Die Kommission erhofft sich hierdurch Aufschluss über verdächtige Reisewege und andere Merkmale potenzieller Terroristen. Betroffen ist jeder Passagier, der von einem Drittstaat in einen EU-Staat oder umgekehrt fliegt.

Ich halte diesen Vorschlag nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen für bedenklich. In meinen Augen wird er auch dem Erfordernis, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu wahren, nicht gerecht.

Lassen Sie mich zunächst klarstellen: Ein hohes Maß an Sicherheit ist wichtig. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Staates, das Leben und die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen. Wir müssen deshalb neue Risiken ernst nehmen und Wege finden, der Terrorgefahr zu begegnen. Hierzu gehören auch EU-weit abgestimmte Maßnahmen.

Darüber dürfen wir aber eines nicht vergessen: Freiheit, Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung sind für das Funktionieren eines demokratischen Gemeinwesens mindestens genauso wichtig. Das Bundesverfassungsgericht hat einmal gesagt: „Wer nicht wissen kann, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über jemanden weiß, ist in seiner Freiheitsausübung gehemmt. Der Einzelne soll deshalb grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten bestimmen können. Einschränkungen dieses Rechts muss er nur im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen.“ Diese Sätze haben nach wie vor ihre Gültigkeit.

Der Staat muss deshalb einen guten Grund haben, warum er seine Bürger beobachten und ihre Daten sammeln möchte. Auch in Zeiten des Terrors muss sich jede gesetzliche Maßnahme die Frage nach ihrem Nutzen und ihrer Verhältnismäßigkeit gefallen lassen. Sie muss, mit anderen Worten, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren.

Jetzt werden Sie sagen: Dies alles sollte doch selbstverständlich sein. Und ich kann Ihnen darin nur beipflichten. Aber leider müssen wir an diese Selbstverständlichkeit immer wieder erinnern. Das Argument der Terrorbekämpfung droht in unserer Zeit leicht zu einem Totschlagargument zu werden, das uns jede Maßnahme recht erscheinen lässt. Nehmen Sie die Abfrage von Kontenstammdaten, die Vorratsdatenspeicherung oder die Onlinedurchsuchung – alles im Namen der besseren Terrorbekämpfung. Und nun auch die Fluggastdatenspeicherung! Ich wage zu behaupten: Solche Maßnahmen bringen im Kampf gegen den Terror wenig bis gar nichts, weil sich die handelnden Figuren der Terrorszene ihnen geschickt zu entziehen wissen. Sie schaden jedoch sehr, weil sie unser aller Freiheit bedrohen.

Bezeichnenderweise bleibt der Vorschlag der Kommission jeden Nachweis schuldig, dass es zur Terrorbekämpfung notwendig oder auch nur nützlich ist, auf PNR-Daten zuzugreifen. Mir leuchtet auch nicht ein, warum wir ohne jeden Anlass und ohne jeden Verdacht die PNR-Daten aller Fluggäste erheben und 13 Jahre speichern müssen. Ich habe große Skepsis, ob man in diesem Datenmeer aktuelle Spuren, die auf Terroristen hinweisen, überhaupt entdecken kann.

Für mich ist dies auch ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat. Denn die Erfahrung lehrt eines: Hat der Staat einmal Daten über seine Bürger, so will er sie auch nutzen – notfalls für andere Zwecke als den Erhebungszweck. Die Vorstellung eines Staates aber, der auf der Suche nach Gefahrenquellen auch Unbeteiligte überwacht, der seine Bürger gleichsam unter Generalverdacht stellt, ist für mich unerträglich.

Lassen Sie mich noch zu einem Einwand kommen, den ich in den letzten Tagen häufiger gehört habe! Er lautet: Ihr habt doch damals dem PNR-Abkommen mit den USA zugestimmt, warum ziert ihr euch heute so? – Gestatten Sie mir dazu zwei Anmerkungen:

Erstens bestand damals politisch keine andere Möglichkeit, als dem Abkommen zuzustimmen. Die USA haben die EU nach dem Motto „Friss, Vogel, oder stirb“ vor die Wahl gestellt: Entweder ihr unterzeichnet das Abkommen zu unseren Bedingungen, oder wir lassen eure Staatsbürger nicht einreisen! Ich meine, eine solche politische Drucksituation kann nicht Maßstab für einen Rechtsakt der EU sein.

Zweitens befremdet mich die Botschaft, die hinter diesem Einwand steht. Denn selbst wenn es so wäre, wie man uns unterstellt, und wir damals einen Fehler begangen hätten: Sollen wir deshalb den Fehler fortwährend wiederholen oder gar potenzieren? Dürfen wir uns deshalb unserer rechtsstaatlichen Verantwortung entziehen?

Der Vorschlag der Kommission gibt uns Gelegenheit, uns ebendieser Verantwortung wieder bewusst zu werden. Fragen wir uns: Wie viel Sicherheit wollen und können wir der Freiheit zumuten? Ich meine, der Vorschlag hält die notwendige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit nicht ein. Lassen Sie uns deshalb ein Zeichen setzen: Sicherheit ja, aber nicht um jeden Preis, und schon gar nicht unter Aufgabe der Freiheit!

Rede für die Bundesregierung 

Anlage 15

Erklärung von Staatsministerin Hildegard Müller (BK) zu Punkt 54 der Tagesordnung

Für Herrn Staatssekretär Dr. Hans Bernhard Beus (BMI) gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:

Die Bundesregierung begrüßt es, dass die Kommission der Bitte des Rates aus dem Jahre 2004 nachgekommen ist und einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu Strafverfolgungszwecken vorgelegt hat.

Die Nutzung von PNR kann ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und anderer schwerer Straftaten wie der organisierten Kriminalität, etwa durch die retrograde Verfolgung früheren Täterverhaltens, darstellen.

Die nähere Ausgestaltung des Rahmenbeschlusses bedarf aber noch sorgfältiger, auch verfassungsrechtlicher Prüfung und fachlicher Erörterung, die gegenwärtig zwischen den MS und innerhalb der Bundesregierung erfolgt. Am Ende der Verhandlungen muss ein Rahmenbeschluss stehen, der den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht und die datenschutzrechtlichen Standards der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten erfüllt, aber auch die Interessen betroffener Luftfahrtunternehmen angemessen wahrt.

Die Kommission hat zugesagt, zur Erleichterung einer Prüfung der Geeignetheit und Erforderlichkeit des Vorschlages durch die Bundesregierung die in den USA und dem Vereinigten Königreich gewonnenen Erfahrungen mit der Verwertung von PNR-Daten im Einzelnen darzulegen und die Wirkungsweise der im Entwurf vorgesehenen Risikoanalyse zu erläutern.

Der Vorschlag, den die Kommission am 6. November 2007 vorgelegt hat, ist gegenwärtig auf Verhütung und Bekämpfung terroristischer Straftaten und solcher aus dem Bereich der organisierten Kriminalität ausgerichtet. Vorgesehen in diesem Vorschlag ist eine Speicherdauer von insgesamt 13 Jahren, wobei die Daten nach fünf Jahren nur noch bei akuter Bedrohung aus einer ruhenden Datenbank abrufbar sein sollen. Bei Flügen von der und in die EU sollen die in den Buchungs- und Reservierungssystemen der Fluggesellschaften bereits vorhandenen Daten sowohl 24 Stunden vor Abflug als auch sofort nach Abfertigungsschluss an eine von den einzelnen Mitgliedsstaaten noch einzurichtende „PNR-Zentralstelle“ übermittelt werden.

Lassen Sie mich aber noch einmal darauf hinweisen, dass der Diskussionsprozess über die nähere Ausgestaltung gerade erst begonnen hat. Eine EU-weite Regelung ermöglicht es, dass sich die einzelnen mitgliedstaatlichen Behörden einander diese Daten im Bedarfsfalle zur Verfügung stellen. Das BMI hat daher schon in der vorangegangenen 15. Legislaturperiode ein gemeinsames europäisches PNR-System als grundsätzlich erstrebenswert angesehen. Ebenso ist das EU-USA-Abkommen über die Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen zwischenzeitlich ratifiziert und Ende Dezember 2007 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Die Bundesregierung wird sich auf europäischer Ebene mit Nachdruck für einen Rahmenbeschluss einsetzen, der das Gleichgewicht zwischen Sicherheits- und Datenschutzinteressen wahrt.

Beschluss des Bundesrats

Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu Strafverfolgungszwecken

KOM(2007) 654 endg.; Ratsdok. 14922/07

Der Bundesrat hat in seiner 841. Sitzung am 15. Februar 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

1. Der Bundesrat teilt das mit dem Rahmenbeschluss verfolgte Anliegen, EU-weite Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität zu entwickeln. Der Bundesrat unterstützt ferner die Absicht der Kommission, hierzu einheitliche Handlungsvorgaben zu erarbeiten, die ein hohes Maß an Sicherheit in den Mitgliedstaaten gewährleisten.

2. Bei der Verfolgung dieses Ziels ist das Verhältnis zwischen der Wahrung der Freiheitsrechte und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit in ein Gleichgewicht zu bringen. Der Vorschlag des Rahmenbeschlusses stellt dieses Gleichgewicht nicht ausreichend her.

3. Der Verabschiedung des Rahmenbeschlusses stehen aus Sicht des Bundesrates derzeit einige gewichtige Gesichtspunkte entgegen. Der Vorschlag setzt in folgenden Hinsichten falsche Akzente:

4. Der vorliegende Rahmenbeschluss verweist in den Artikeln 2 und 11 auf andere Rahmenbeschlüsse, die noch nicht verabschiedet sind. Insbesondere können so die Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten nicht hinreichend beurteilt werden. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der beabsichtigte Rahmenbeschluss über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, überhaupt auf den Datenaustausch zwischen privaten Fluggesellschaften und den vorgeschlagenen PNR-Zentralstellen Anwendung finden würde. Nach seiner derzeitigen Entwurfsfassung bezieht er sich jedenfalls nur auf den Datenaustausch zwischen Behörden. Der Bundesrat empfiehlt, den genannten Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten zunächst abzuwarten.

5. Die Verarbeitung von PNR-Daten stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. Achtung des Privatlebens dar. Ein solcher Eingriff ist nur zulässig, wenn im Hinblick auf den verfolgten Zweck, Terrorismus und organisierte Kriminalität zu bekämpfen, ein Bedürfnis für den Zugang zu diesen Daten besteht. Aus Sicht des Bundesrates ist der Nachweis hierfür weder im vorliegenden Rahmenbeschluss noch in der Folgenabschätzung der Kommission - SEK(2007) 1453 - erbracht.

6. Bereits mit der Richtlinie 2004/82/EG wurden Fluggesellschaften verpflichtet, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erweiterte Fluggastdaten (API-Daten) zu übermitteln. Damit wurde ein Instrument zur Verbesserung der Einreisekontrolle und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung geschaffen, das auch einen Nutzen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und sonstiger schwerer Straftaten darstellt. Aus Sicht des Bundesrates sollte eine Ausweitung der Erhebung und Speicherung von Fluggastdaten nicht beschlossen werden, solange nicht feststeht, dass sich die bisherigen Rechtsinstrumente als unzureichend erwiesen haben. Es wird deshalb angeregt, zunächst die Wirkungen der Richtlinie 2004/82/EG zu untersuchen.

7. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 65, 1, 47) besteht außerhalb statistischer Zwecke ein "striktes Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat". Es ist danach nicht zulässig, solche Daten zu erheben und zu speichern, die zur Erfüllung der konkreten und aktuellen Aufgabe nicht benötigt werden, die aber zu einem späteren Zeitpunkt gebraucht werden könnten. Nach der Rechtsprechung des EGMR stellt das systematische, rechtlich unbegrenzte Sammeln von Daten eine Verletzung von Artikel 8 EMRK dar (vgl. EGMR, Urteil vom 4. Mai 2000 - 28341/95 - Rotaru, Tz. 57 ff.). Vor diesem Hintergrund bestehen aus Sicht des Bundesrates erhebliche Bedenken gegen die in den Artikeln 5 und 9 des Rahmenbeschlusses vorgesehene anlass- und verdachtsunabhängige Erhebung und Speicherung von PNR-Daten sämtlicher die EU-Grenzen überquerender Fluggäste.

8. Der Grundsatz der Zweckbindung ist eines der Grundprinzipien des Datenschutzes. Danach dürfen personenbezogene Daten nur für bereichsspezifisch und präzise festgelegte Zwecke gespeichert werden und nur im Rahmen dieser Zwecke verwendet werden. Zudem muss das Recht so hinreichend deutlich sein, dass es dem Bürger angemessene Hinweise gibt, unter welchen Voraussetzungen die Behörden befugt sind, Informationen aus seinem Privatleben zu sammeln und zu benutzen. Aus Sicht des Bundesrates bestehen Zweifel, ob der vorgeschlagene Rahmenbeschluss mit den Regelungen in Artikel 3 Abs. 5, Artikel 8 Abs. 1 und Artikel 11 Abs. 2 diesen Anforderungen hinreichend Rechnung trägt.

9. Die Speicherungsdauer von insgesamt 13 Jahren überschreitet die in Deutschland allgemein übliche Regelfrist für polizeiliche Speicherungen um drei Jahre.

Aus Sicht des Bundesrates ist die verdachtslose Speicherung der PNR-Daten sämtlicher die EU-Grenzen überquerender Fluggäste über einen Zeitraum von 13 Jahren unabhängig davon, dass die Daten acht Jahre in einer "ruhenden Datenbank" vorgehalten werden, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass die vorgesehene Frist nicht den Antworten entspricht, die die Mitgliedstaaten im von der Kommission versandten Fragenbogen gegeben haben; darin wurde auf die Frage nach der Speicherdauer durchschnittlich ein Zeitraum von drei einhalb Jahren angegeben.

Auch die erste Speicherungsphase nach Artikel 9 Abs. 1 geht mit fünf Jahren noch über das fachliche Gebotene hinaus.

10. Es erscheint bedenklich, dass der Rahmenbeschlussvorschlag keine Möglichkeit für betroffene Bürger vorsieht, Auskunft zu den über ihre Person gespeicherten Daten sowie die Berichtigung oder Löschung falscher, z. B. fehlerhaft übermittelter, Daten zu verlangen. Der Vorschlag sieht auch keine zumindest nachträgliche Benachrichtigung betroffener Fluggäste über eine erfolgte Datenweitergabe und Gefährlichkeitseinstufung und auch keinen diesbezüglichen Rechtsbehelf vor.

11. Die Sammlung und Auswertung der genannten Datensätze dient nicht nur der Verhütung und Bekämpfung von terroristischen Straftaten, sondern auch der strafrechtlichen Verfolgung der organisierten Kriminalität. Aus Sicht des Bundesrates muss deshalb bei der Vereinbarung europäischer Vorgaben für die Einrichtung einer Zentralstelle sichergestellt sein, dass durch deren spätere Umsetzung die grundsätzlich bestehende Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden der Länder für die Verfolgung von Straftaten, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, nicht tangiert wird.

12. Der Vorschlag geht ersichtlich davon aus, dass den nationalen Zentralstellen die Möglichkeit einzuräumen ist, selbst Strafverfolgungsmaßnahmen einzuleiten. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine derartige Befugnis im Widerspruch zur gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei stünde und letztlich die staatsanwaltschaftliche Sachleitungsbefugnis in Frage stellen würde.

13. Es erscheint zweifelhaft, ob die Artikel 29, 30 Abs. 1 Buchstabe b und Artikel 34 Abs. 2 Buchstabe b EUV eine ausreichende Rechtsgrundlage für sämtliche Vorschriften des Vorschlags bieten. Die herangezogenen Rechtsgrundlagen im EUV betreffen die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den (Behörden der) Mitgliedstaaten. Soweit privaten Fluggesellschaften und Datenmittlern Pflichten auferlegt werden, dürften als Rechtsgrundlage eher die Artikel 80 Abs. 2 und 95 EGV in Betracht kommen. Dies macht, unbeschadet der vorgenannten grundsätzlichen Bedenken, zumindest eine Aufspaltung des Vorschlags in ein Instrument der Ersten Säule und eines der Dritten Säule erforderlich.

14. Der Rahmenbeschluss sollte eine Kostenfolgenabschätzung insbesondere über den Bedarf an Personal- und Sachmitteln (Aufgabenbindung) für die voraussichtlich bei den Mitgliedstaaten durchzuführenden Maßnahmen vorsehen.

15. Die Bundesregierung wird gebeten, auf eine entsprechende Änderung des Rahmenbeschlusses zu dringen.

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