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Aufschub der Protokollierung von Telefon, Handy und Internet gefordert (06.07.2006) Drucken E-Mail

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, fordert eine Aussetzung der Pläne zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix hatte sich bereits am Dienstag auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin dafür ausgesprochen, wegen zahlreicher rechtlicher Bedenken die Umsetzung einer Brüsseler Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten zunächst auszusetzen. Der Datenschützer erklärte, die Regierungskoalition solle vor der Umsetzung zumindest die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über eine Klage Irlands und der Slowakei gegen die Richtlinie abwarten. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung schließt sich dieser Forderung an. "Die in der Richtlinie vorgesehene Totalprotokollierung der Telekommunikation verstößt gegen das Grundgesetz", erklärt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Er verweist auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung, in dem "das außerhalb statistischer Zwecke bestehende strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat" betont wird.

Irland und die Slowakei rügen in ihrer kürzlich eingereichten Klage, die Richtlinie sei auf einer falschen rechtlichen Grundlage beschlossen worden. Im Mai hatte der Europäische Gerichtshof in einem ähnlichen Verfahren bereits entschieden, dass Maßnahmen "zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zu Strafverfolgungszwecken" nicht durch Richtlinien, sondern nur einstimmig beschlossen werden dürften. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erklärte daraufhin, dass damit auch in Sachen Vorratsdatenspeicherung "das Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof offen" stehe.

Am vergangenen Freitag beschloss der Kieler Landtag einstimmig eine Klage gegen die EU-Kommission, um die Herausgabe eines internen Dokuments über die rechtlichen Grundlagen der geplanten Vorratsdatenspeicherung zu erzwingen. Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) erklärte, die anlassunabhängige Vorratsdatenspeicherung durch die Telekommunikationsunternehmen könne zu einer Beeinträchtigung der informationellen Selbstbestimmung von Abgeordneten und damit auch von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten führen. Betroffen sei vor allem die Vertraulichkeit der Kommunikation zu den Bürgern.

Bettina Winsemann (Twister) von der Datenschutzinitiative STOP1984 teilt diese grundsätzlichen Bedenken: "Für eine freie und demokratische Gesellschaft ist eine Vorratsdatenspeicherung nicht vorstellbar. Datenvorräte, die, einmal angelegt, bei Bedarf abgesucht werden können, wecken hierzulande Assoziationen mit den Stasi-Akten der DDR. Wer weiß, dass seine Daten über Monate hinweg gespeichert werden, der wird sein Verhalten entsprechend anpassen. Dies wäre das Ende einer freien Kommunikation als Grundlage unseres demokratischen Staates." Dass die EU-Kommission sich zusätzlich noch weigere, dem Kieler Landtag wichtige Dokumente zu überlassen und dies damit begründe, dass sie dazu nicht verpflichtet sei, stellt für die Datenschützerin einen weiteren Affront dar. "Die EU rühmt sich, die Informationsfreiheit zu fördern und den Dialog mit dem Bürger zu suchen. Doch ihr Verhalten gegenüber dem Kieler Landtag spricht eine andere Sprache."

Die umstrittene Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde im Februar diesen Jahres von den Justizministern der EU mehrheitlich beschlossen. Zur verbesseren Strafverfolgung soll danach künftig nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Derzeit dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten und Email-Verbindungsdaten nicht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden, was etwa für Journalisten und Beratungsstellen wichtig sein kann.

 
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