| 86 Cent für ein Jahr ohne Vorratsdatenspeicherung (18.07.2011) |   |   | 
| +++ Datenschützer fordern Rote Karte gegen Blauen Brief - 
Bundesregierung soll EU-Vertragsverletzungsverfahren zur 
Vorratsdatenspeicherung stoppen +++  
 
 Die Bundesregierung muss dem Spuk des 
Vertragsverletzungsverfahrens jetzt ein Ende setzen, indem sie aus 
wichtigen Gründen des Grundrechtsschutzes eine Befreiung von der Pflicht
 zur Umsetzung der Richtlinie beantragt und 
nötigenfalls einklagt. Diese von Artikel 114 des EU-Vertrags eröffnete 
Möglichkeit hat die Neue Richtervereinigung der Bundesregierung schon im
 Januar aufgezeigt[1]
 - bisher ohne Erfolg.  Da dem Europäischen Gerichtshof bereits jetzt ca. 20 Vertragsverletzungsklagen gegen Deutschland vorliegen,[2] ist es unglaubwürdig, wenn Politiker behaupten, ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren müsse unbedingt vermieden werden. Mit einer Umsetzung der verfehlten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung würde Deutschland gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta verstoßen, wie der Rumänische Verfassungsgerichtshof,[3] das Centrum für Europäische Politik[4] und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags[5] festgestellt haben. Bei dieser Pflichtenkollision zwischen EU-Umsetzungspflicht und Menschenrechtskonvention müssen unsere Grund- und Freiheitsrechte Vorrang haben, bis die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung geändert oder vom Europäischen Gerichtshof gekippt wird. 
 Nach Berechnungen des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung würde eine etwaige Strafzahlung an die EU nicht mehr als 86 Cent pro Bürger und Jahr betragen. "Eine gute Investition, denn nur nicht gespeicherte Kontakte, Bewegungen und Interessen sind sicher vor Datenmissbrauch wie bei der Deutschen Telekom[9] und Generalverdacht wie bei der Dresdener Polizei[10]", erklärt Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Eine Umsetzung der teuren flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung würde Wirtschaft und Bürger ein Vielfaches dieser Strafzahlung kosten." 
 Hintergrund: Vertragsverletzungsverfahren Die EU-Kommission hat der Bundesregierung im Juni ein Mahnschreiben (sog. "Letter of formal notice") übersandt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, innerhalb einer bestimmten Frist (normalerweise zwei Monate) der EU-Kommission mitzuteilen, wie die umstrittene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umgesetzt werden soll. Falls die Antwort der EU-Kommission nicht genügt, kann sie der Bundesregierung anschließend eine "begründete Stellungnahme" übersenden, weshalb eine Vertragsverletzung vorliege. Deutschland hat dann erneut zwei Monate Zeit. Anschließend kann die Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben. Die Entscheidung des Gerichtshofs nimmt gewöhnlich etwa ein Jahr in Anspruch. Stellt der Gerichtshof eine Vertragsverletzung fest, kann er eine Strafzahlung für die Zeit der Nichtumsetzung verhängen, deren Höhe in Anwendungshinweisen der EU-Kommission festgelegt ist. | 
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 Die EU-Kommission hat auf Nachfrage bestätigt, im Juni ein 
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der 
EU-Richtlinie zur verdachtslosen Vorratsspeicherung der Verbindungs-, 
Positions- und Internetdaten aller 500 Mio. Menschen in der EU 
eingeleitet zu haben. Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung 
zusammen geschlossenen Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer 
warnen die Bundesregierung und insbesondere die FDP davor, nun mit kopflosem
 Gehorsam zu reagieren: Es ist widersinnig, dass die EU-Kommission einerseits die Notwendigkeit 
einer umfassenden Änderung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung 
betont, andererseits aber noch die Umsetzung der alten, als Fehlschlag 
erkannten Richtlinie fordert.
Die EU-Kommission hat auf Nachfrage bestätigt, im Juni ein 
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der 
EU-Richtlinie zur verdachtslosen Vorratsspeicherung der Verbindungs-, 
Positions- und Internetdaten aller 500 Mio. Menschen in der EU 
eingeleitet zu haben. Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung 
zusammen geschlossenen Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer 
warnen die Bundesregierung und insbesondere die FDP davor, nun mit kopflosem
 Gehorsam zu reagieren: Es ist widersinnig, dass die EU-Kommission einerseits die Notwendigkeit 
einer umfassenden Änderung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung 
betont, andererseits aber noch die Umsetzung der alten, als Fehlschlag 
erkannten Richtlinie fordert.  Die von Politikern als "Kompromiss" aktuell diskutierte 
Teilumsetzung der Richtlinie (z.B. Internet-Vorratsdatenspeicherung oder
 dreimonatige Vorratsdatenspeicherung) wäre die schlechteste aller 
Lösungen: Einerseits würden unsere Menschenrechte verletzt und die 
Vertraulichkeit unserer Telekommunikation aufs Spiel gesetzt. Eine deutsche Vorratsdatenspeicherung bliebe bestehen, selbst wenn die EU-Richtlinie 
gekippt wird. Zum anderen würde eine Teilumsetzung nichts an dem 
EU-Vertragsverletzungsverfahren ändern. Die Meldung einer Teilumsetzung 
könnte im Übrigen bereits bei Einführung eines reinen 
Quick-Freeze-Verfahrens erfolgen, wofür sich beispielsweise Kanada
Die von Politikern als "Kompromiss" aktuell diskutierte 
Teilumsetzung der Richtlinie (z.B. Internet-Vorratsdatenspeicherung oder
 dreimonatige Vorratsdatenspeicherung) wäre die schlechteste aller 
Lösungen: Einerseits würden unsere Menschenrechte verletzt und die 
Vertraulichkeit unserer Telekommunikation aufs Spiel gesetzt. Eine deutsche Vorratsdatenspeicherung bliebe bestehen, selbst wenn die EU-Richtlinie 
gekippt wird. Zum anderen würde eine Teilumsetzung nichts an dem 
EU-Vertragsverletzungsverfahren ändern. Die Meldung einer Teilumsetzung 
könnte im Übrigen bereits bei Einführung eines reinen 
Quick-Freeze-Verfahrens erfolgen, wofür sich beispielsweise Kanada "Es wäre erbärmlich, wenn der Bundesregierung die unbefangene 
Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung keine 86 Cent pro Person 
wert wäre", erklärt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Wer mit 
drohenden Geldstrafen für die Umsetzung einer Vorratsdatenspeicherung 
argumentiert, will, dass wir unser Recht auf Privatsphäre für Geld 
verkaufen. Menschen- und Bürgerrechte sind aber unveräußerlich, so steht
 es im ersten Artikel des Grundgesetzes."
"Es wäre erbärmlich, wenn der Bundesregierung die unbefangene 
Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung keine 86 Cent pro Person 
wert wäre", erklärt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Wer mit 
drohenden Geldstrafen für die Umsetzung einer Vorratsdatenspeicherung 
argumentiert, will, dass wir unser Recht auf Privatsphäre für Geld 
verkaufen. Menschen- und Bürgerrechte sind aber unveräußerlich, so steht
 es im ersten Artikel des Grundgesetzes."
