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Kampagne: Offene Briefe gegen Totalprotokollierung der Telekommunikation (25.09.2006) Print E-mail

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, hat am heutigen Montag eine Kampagne gegen die von SPD und Union geplante Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten gestartet. Auf einem speziellen Internetportal können besorgte Bürger Offene Protestbriefe verfassen, die automatisch an alle 448 Bundestagsabgeordnete der Koalition versandt werden.

"Die Vorratsdatenspeicherung privatester Kommunikationsdaten widerspricht jeglicher Verhältnismäßigkeit und würde sich verheerend auf die Meinungsfreiheit auswirken," warnt Bettina Winsemann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Gespräche mit der Telefonseelsorge, mit Anwälten, mit Presseinformanten - all dies würde für die zugriffsberechtigten Personen und Behörden ein offenes Buch werden. Die Speicherung von Geschäftskontakten würde auch der Wirtschaftsspionage Tür und Tor öffnen."

Das Bundesjustizministerium erarbeitet derzeit einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Einem Bundestagsbeschluss vom Februar 2006 zufolge soll ab Mitte 2007 zur verbesserten Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Neben Polizei und Staatsanwaltschaften hätten auch die Geheimdienste und ausländische Staaten wie die USA Zugriff auf die Daten.

Um die Koalition zu einer Aussetzung des Gesetzesvorhabens zu bewegen, setzt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf Überzeugungsarbeit. Auf einem speziellen Internetportal sollen besorgte Bürger Protestbriefe an die Bundestagsabgeordneten verfassen. Jeder Brief wird per E-Mail automatisch an alle 448 Abgeordnete von Union und SPD versandt und außerdem als "Offener Brief" im Internet veröffentlicht. Auf diese Weise soll den Abgeordneten deutlich gemacht werden, wie groß der öffentliche Widerstand gegen das Vorhaben ist. Einer Meinungsumfrage der Forschungsgruppe Wahlen zufolge lehnt fast jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) eine Vorratsdatenspeicherung ab.

Die von der Justizministerin persönlich vorangetriebenen Pläne bekommen zunehmend Gegenwind. Dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg liegt seit Juli eine Nichtigkeitsklage gegen die von Zypries mitgetragene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor. Nachdem im Mai bereits eine Klage gegen das EU-Abkommen zur Übermittlung von Flugdaten in die USA Erfolg hatte, halten es Experten für wahrscheinlich, dass auch die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mangels Rechtsgrundlage für nichtig erklärt wird. Die Opposition im Deutschen Bundestag will die Regierung dementsprechend in einem gemeinsamen Antrag auffordern, den Ausgang der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof abzuwarten, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Für ein solches Moratorium haben sich mit Siegfried Kauder (CDU) und Jörg Tauss (SPD) auch erste Politiker der Koalition ausgesprochen.

Gegenwärtig dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten und Email-Adressdaten nicht. Auch sonstige Verbindungsdaten werden auf Wunsch mit Rechnungsversand gelöscht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen ("Flat-Rates") kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden, was etwa für Journalisten und Beratungsstellen wichtig sein kann, die auf besondere Vertraulichkeit angewiesen sind.

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