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Offener Brief des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung an Dr. Joachim Gauck (24.02.2012) Print E-mail

Sehr geehrter Herr Dr. Gauck,

als designierter Präsident der Bundesrepublik Deutschland werden Sie derzeit mit einer Vielzahl öffentlicher Äußerungen konfrontiert, die Sie und Ihr Wirken zu bewerten und bemessen versuchen. Insbesondere Bürgerrechtsorganisationen zeigen großes Interesse an Ihren Positionen zu den für sie relevanten Themen.

Wir schreiben Ihnen als Bürgerinitiative "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung"[1] aus einem ähnlichen Beweggrund.

Wir haben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung organisiert, die von über 34.000 Menschen persönlich mitgezeichnet wurde. Der Erfolg dieser Beschwerde hat zu einer Nichtigerklärung der damaligen gesetzlichen Regelungen zur anlasslosen und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikations-Verbindungsdaten aller in Deutschland lebenden Menschen geführt. Wir haben dabei viel Unterstützung aus der breiten Bevölkerung erfahren, die über alle Parteigrenzen hinweg anhält und uns in unserem Bestreben, eine erneute Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu verhindern, bekräftigt. Über 60.000 Menschen haben eine aus unseren Reihen hierzu eingereichte Petition beim Deutschen Bundestag mitgezeichnet.

Sie dürften vermutlich darüber informiert sein, dass sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene wiederholt Forderungen nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung geäußert wurden. Eine Vorratsdatenspeicherung bedeutet die anlasslose Erfassung und Speicherung des Kommunikationsverhaltens der ganzen Bevölkerung und wir lehnen sie daher als eine mit Demokratie und Menschenrechten unvereinbare Maßnahme ab. Wir berufen uns dabei auch auf wissenschafliche Studien, welche sowohl die ungenügende Effektivität als auch die Unverhältnismäßigkeit einer flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung herausstellen. In zahlreichen Ländern sind Fälle aufgetreten, in welchen eine Vorratsdatenspeicherung zu einer Einschränkung der Pressefreiheit und Missbrauch geführt hat[2].

Im Rahmen der österreichischen Diskussionsreihe "Europa im Diskurs" haben Sie sich am 5. Dezember 2010 kurz zu diesem Thema geäußert[3].  Die von Ihnen getätigten Äußerungen im Rahmen dieser Veranstaltung haben zu großer Beunruhigung unter Internetnutzern und Bürgerrechtlern geführt[4]. Wir möchten Ihre Aussagen auf keinen Fall überinterpretiert oder aus den Zusammenhängen gerissen sehen, sind aber der Meinung, dass es der Diskussion dienlich wäre, wenn wir unsere Bedenken und Sorgen mit Ihnen erörtern würden. 

Aus diesem Grund möchten wir gerne mit Ihnen in einen Dialog zum Thema digitale Bürgerrechte treten und die geäußerten Bedenken mit Ihnen diskutieren. Uns liegt sehr am Herzen, Ihnen unsere Argumente vorzutragen und Ihre Ansichten dazu zu erfahren. 

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wird von engagierten Menschen getragen, die sich unabhängig, parteiübergreifend und ehrenamtlich für Datenschutz und Bürgerrechte einsetzen.

Wir würden uns sehr darüber freuen, wenn Sie uns einen Moment ihrer Zeit für ein Treffen einräumen könnten, um über das Thema Datenschutz im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit mit uns zu diskutieren.

Ob mit oder ohne Öffentlichkeit, überlassen wir ganz Ihnen, genauso wie den Vorschlag für Zeit und Ort eines Gespräches.

Mit freundlichen Grüßen,

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung  

 
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