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Bundesverfassungsgericht: Kfz-Massenabgleich in Niedersachsen wirft Fragen auf (17.07.2014) Print E-mail

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, eine Verfassungsbeschwerde gegen den massenhaften Abgleich von Kfz-Kennzeichen in Niedersachsen aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die 2008 eingereichte Beschwerde sei wegen Versäumung einer Frist unzulässig. Allerdings stellten sich in der Sache "gewichtige verfassungsrechtliche Fragen".

Der niedersächsische Beschwerdeführer Oliver Steinkamp vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert nun den Landtag auf, die in seiner Beschwerde aufgeworfenen Fragen zu klären: "Die Streubreite der niedersächsischen Ermächtigung zu Dauerkontrollen an fast beliebigen Straßen steht außer jedem Verhältnis zum Ertrag der Maßnahme. Dieses Gesetz ist kompetenzwidrig, unklar und unverhältnismäßig. Ganz allgemein bin ich der Überzeugung: 50 Millionen Autofahrer in Deutschland dürfen nicht als potenzielle Verbrecher unter Generalverdacht gestellt werden. Rechtschaffene Bürger haben ein Recht auf datenfreie Fahrt. Niedersachsen muss endlich dem Vorbild anderer Länder folgen und das massenhafte Scannen unserer Kfz-Kennzeichen einstellen!"

Nach Informationen der niedersächsischen Landesregierung sind im Jahr 2013 mithilfe von 13 Lesegeräten über 450.000 Kfz-Kennzeichen gescannt worden. Die Trefferquote lag lediglich bei 0,1%. Dass aufgrund von Treffermeldungen konkrete Gefahren abgewendet worden wären, wird nicht mitgeteilt.

Hintergrund:

2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht das hessische und ein schleswig-holsteinisches Gesetz zum Kfz-Massenabgleich für verfassungswidrig und daher nichtig. Der schleswig-holsteinische Innenminister Lothar Hay gab daraufhin bekannt, er verzichte auf eine Neuregelung, denn das Kfz-Scanning binde Personal, das an anderen Stellen sinnvoller für operative Polizeiarbeit zum Schutze der Bürger eingesetzt werden könne. "Das Kfz-Scanning hat sich als ungeeignetes Instrument zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erwiesen", so Hay damals. Bremen, Saarland und Rheinland-Pfalz haben entsprechende Regelungen seither ersatzlos gestrichen.

Weiterhin in der Prüfung befinden sich Verfassungsbeschwerden gegen Ermächtigungen zum Kfz-Massenabgleich in Hessen und Baden-Württemberg. Das Bundesverwaltungsgericht will im Herbst über eine Klage gegen den Kfz-Massenabgleich in Bayern verhandeln.

Das umstrittene Verfahren des Kfz-Kennzeichenabgleichs wird immer wieder kritisiert: Autofahrer könnten durch den fehleranfälligen Massenabgleich jederzeit irrtümlich angehalten und kontrolliert werden. Je nach Wetter werde etwa jedes 20. Kennzeichen falsch eingelesen. Aufgrund des massenhaften Abgleichs komme es dadurch stündlich zu Falschmeldungen. Der Massenabgleich, mit dessen Hilfe auch verdeckte Bewegungsprofile für Polizei und Geheimdienste erstellt würden, entfalte insgesamt eine schädliche und abschreckende Wirkung auf unsere Gesellschaft, besonders etwa im Vorfeld von Demonstrationen. Dem stehe kein nennenswerter Nutzen gegenüber.

 
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