EG-Kommission fürchtet um Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (25.03.2007)

Die EG-Kommission hat den Zugang zu Dokumenten abgelehnt, die die Gültigkeit der Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten betreffen. Bürgerrechtler werten die Entscheidung als Ausdruck einer zunehmenden Nervosität der Brüsseler Behörde in Bezug auf eine laufende Klage gegen die Richtlinie.

Der im März 2006 beschlossenen Richtlinie zufolge soll zur verbesserten Strafverfolgung unter anderem nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Zwei Monate nach Beschluss der Richtlinie hat der Europäische Gerichtshof die Fluggastdatenübermittlung in die USA für unzulässig erklärt mit der Begründung, dass die EG für die innere Sicherheit nicht zuständig ist. Unter Berufung auf dieses Urteil hat Irland im Juni 2006 Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Eine Entscheidung des Gerichtshofs wird für nächstes Jahr erwartet.

Unter Berufung auf Informationsfreiheitsregelungen hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, von der EG-Kommission die Herausgabe von Dokumenten über die Gerichtsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung und zur Fluggastdatenübermittlung verlangt. Die Dokumente sollen die Einschätzung vieler Rechtsexperten untermauern, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nichtig ist und deswegen nicht umgesetzt werden darf. Die Kommission hat die Anträge nun mit dem Argument abgelehnt, eine Offenlegung könne dem laufenden Gerichtsverfahren schaden und die "Verteidigungsrechte der Parteien unterminieren".

"Angesichts des stetig wachsenden öffentlichen Interesses an Vorratsdatenspeicherung und Flugdatenübermittelung ist die Ablehnungsbegründung absurd", kommentiert Twister (Bettina Winsemann) vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Die Kommission bewertet hier die kaum nachvollziehbare 'Geheimhaltung' höher als das öffentliche Interesse und schreibt im gleichen Moment, dass die wesentlichen Argumente bereits veröffentlicht wurden. Wenn dem so ist, ist nicht nachvollziehbar, warum die Dokumente nunmehr nicht freigegeben werden. Die gesamte Argumentation ist für mich nicht überzeugend. Ich vermute, dass die Dokumente nur deshalb nicht freigegeben werden, weil man den Gegnern der geplanten Totalprotokollierung der Telekommunikation nicht noch weitere Argumente liefern will."

In Deutschland laufen Datenschutzbeauftragte gemeinsam mit Journalisten-, Medien-, Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden Sturm gegen die Pläne der Bundesregierung, die Kommunikationsdatenspeicherung noch dieses Jahr umzusetzen. "Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland halten wir für inakzeptabel", heißt es in einer Gemeinsamen Erklärung vom Januar. Die Verbände verlangen, die Pläne zumindest bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Rechtmäßigkeit der Richtlinie auf Eis zu legen. Diese Woche beraten Koalitionspolitiker in Berlin über den Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung.

Die Bescheide der EG-Kommission im Wortlaut:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Irland-Bescheid.pdf
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/EP-Bescheid.pdf

Gemeinsame Erklärung der Verbände zur Vorratsdatenspeicherung:
http://erklaerung.vorratsdatenspeicherung.de

Diese Pressemitteilung im Internet:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/?/content/view/94/55/