Aussprache im Bundesrat zur Vorratsdatenspeicherung (15.12.2007) |
Das Protokoll der Debatte und Abstimmung im Bundesrat (Länderkammer) über die Vorratsdatenspeicherung am 30.11.2007 ist unten wiedergegeben. Das Protokoll der Debatte und Abstimmung im Deutschen Bundestag am 09.11.2007 findet sich hier. Aussprache im BundesratPräsident Ole von Beust: Tagesordnungspunkt 17: Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Drucksache 798/07) Wortmeldung: zunächst Frau Senatorin von der Aue (Berlin). Gisela von der Aue (Berlin): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen, das der Deutsche Bundestag zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie beschlossen hat, wird weitreichende Folgen für die Strafverfolgungspraxis entfalten. Der bisherige Gang des Gesetzgebungsverfahrens belegt: Die Regelungsgegenstände des Gesetzes lassen die Menschen in unserem Land nicht kalt. Dabei will ich ausdrücklich festhalten: Die Bundesregierung hat bei der Einbringung des Gesetzentwurfs und der Deutsche Bundestag hat bei der Beschlussfassung eine Abwägung zwischen der Wahrung der Freiheitsrechte des Einzelnen und der Herstellung von Sicherheit vorgenommen. Das Gesetz trägt den vorab erhobenen Forderungen Rechnung, wonach die Umsetzung der Richtlinie nicht über deren Mindestvorgaben hinausgehen soll. Auch im Vorfeld der nationalen Gesetzgebung hat Deutschland in Brüssel die Richtlinie keineswegs nur abgenickt. Vielmehr ist es gerade dem deutschen Verhandlungsgeschick zu verdanken, dass in die Richtlinie nicht noch deutlich längere Speicherfristen oder z. B. die Möglichkeit, Bewegungsbilder während eines längeren Telefongespräches zu erstellen, aufgenommen worden sind. Wenn Berlin heute dennoch den Antrag stellt, den Vermittlungsausschuss anzurufen, betrifft dies nur einen Punkt. Es geht um die Neuregelung des Schutzes der sogenannten Berufsgeheimnisträger. Das Abgeordnetenhaus und der Senat von Berlin halten es für erforderlich, hierüber nachzudenken. Das Gesetz differenziert zwischen zwei unterschiedlichen Schutzstufen. Auf der einen Seite stehen privilegierte Berufsgeheimnisträger wie Strafverteidiger, Abgeordnete und Geistliche. Auf der anderen Seite stehen die übrigen Berufsgeheimnisträger, z. B. Ärzte, Journalisten und solche Rechtsanwälte, die nicht Strafverteidiger sind. Schon die Differenzierung zwischen einzelnen Berufsgruppen ist problematisch. Noch größere dogmatische und praktische Schwierigkeiten ergeben sich, wenn innerhalb einer Berufsgruppe zwei Untergruppen unterschiedlich behandelt werden. Natürlich gibt es funktionale Unterschiede zwischen einem Verteidiger in einem Strafverfahren und einem Rechtsanwalt, der nicht im Strafverfahren verteidigt. Aber genügt dieser funktionale Unterschied für eine Ungleichbehandlung innerhalb ein und derselben Berufsgruppe? Diese Frage darf man nicht nur aus der Sicht des Anwalts, sondern muss sie auch aus der Sicht des rechtsuchenden Bürgers stellen. Das Interesse des Bürgers, sich einem Anwalt in der Gewissheit der Vertraulichkeit öffnen zu können, ist – unabhängig von dem betroffenen Rechtsgebiet – ein hohes Gut. Denken Sie an Ehe- oder Familienrechtsstreitigkeiten, die für den rechtsuchenden Bürger oft eine hohe Belastung bedeuten – eine Belastungssituation, die mit der in einem Strafverfahren durchaus vergleichbar ist! Würde nun der Anwalt im Ehestreit unter geringerem Schutz als der Verteidiger in einer Strafsache stehen, so würde das letztlich bedeuten, dass sich der Rechtsuchende im Ehestreit weniger auf den Schutz seiner vertraulichen Informationen verlassen kann als der Rechtsuchende in einer Strafsache. Wollen wir das wirklich? Die Antworten, die das Gesetz in seiner vom Bundestag beschlossenen Fassung auf meine Fragen gibt, stellen mich nicht zufrieden. Ich bin der Auffassung, dass wir nacharbeiten müssen. – Vielen Dank. Präsident Ole von Beust: Danke schön! Das Wort hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hartenbach (Bundesministerium der Justiz). Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht heute darum, ein vom Bundestag verabschiedetes Gesetz nun auch im Bundesrat zu beschließen und damit ein Vorhaben ins Werk zu setzen, das für eine gute Balance zwischen effektiver Strafverfolgung und dem Schutz der Grundrechte sorgt. Fangen wir mit der Strafprozessordnung an! Hier schaffen wir für alle verdeckten Ermittlungsmaßnahmen ein besonders striktes Reglement. Ein Telefon darf künftig nur dann abgehört werden, wenn es um eine schwere Straftat geht und die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt. Wir schaffen einfachgesetzliche Regelungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung, so wie das Bundesverfassungsgericht es gefordert hat. Wir verbessern die Verfahrensvorschriften umfassend. Als Beispiel nenne ich die praxistauglichen und von der Ermittlungspraxis gleichwohl mit Argwohn beobachteten Benachrichtigungspflichten. Wir erweitern den Schutz für alle Berufsgeheimnisträger. Verehrte Frau von der Aue, ich wiederhole es: für alle Berufsgeheimnisträger! Einige Berufsverbände führen nun lautstark Klage gegen das Gesetz. Sie haben heute Morgen vor der Tür schon einen optischen Eindruck bekommen. Das ist der Fluch der guten Tat. Wir verbessern die Rechtslage, und zwar für alle – wenn auch nicht für alle im gleichen Ausmaß; das stimmt. Die Folge ist, dass einige wenige sich still freuen und viele, die nicht so gut behandelt werden, sich lautstark beklagen. Im Protestgeschrei geht dabei aber unter, dass wir die Rechte von Ärzten, Journalisten und allen Rechtsanwälten nicht etwa einschränken. Ganz im Gegenteil, sie werden in vollem Umfang beibehalten und obendrein deutlich gestärkt. Das gilt vor allem für Medienmitarbeiter. Wir schränken beispielsweise die Verwertung von Zufallsfunden bei Durchsuchungen bei Journalisten sehr weitgehend ein und gewährleisten damit noch besser als bisher effektiven Informantenschutz. Ich kann der Berliner Argumentation zur unterschiedlichen Behandlung der Berufsgeheimnisträger nicht folgen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Wohnraumüberwachung, die uns jeden Tag in den Ohren klingelt, klargestellt, dass mit Blick auf die Menschenwürde das seelsorgerische Gespräch und das Gespräch mit dem Verteidiger besonderen Schutzes bedürfen. Das ist schon ein Unterschied zu dem Mandantengespräch, bei dem es nur um einen Mietstreit oder um familienrechtliche Angelegenheiten geht. Im Übrigen: Abgehört wird nicht das Telefon des Anwalts, abgehört wird das Telefon des Verdächtigen. Wenn dann ein Gespräch zustande kommt, dann weiß man schon, ob es sich um ein Verteidigergespräch oder um ein übliches Mandantengespräch handelt. Die Unterscheidung wird also gar nicht so schwierig zu treffen sein. Wer allerdings alle – vom Rechtsanwalt bis zur Hebamme, vom Zahnarzt bis zum Kabelträger im „Tagesschau“-Studio – außen vor lassen will, muss auch die Konsequenzen sehen, dass nämlich Polizei und Justiz bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung nicht mehr ermitteln dürften. Man muss dann beispielsweise einem Vergewaltigungsopfer erklären, dass ein Journalist keinesfalls observiert werden darf, wenn er sich zu einem angekündigten Exklusivinterview mit einem untergetauchten Serienvergewaltiger begibt. Meine Damen und Herren, wer derzeit durch das Internet surft, findet viele Einträge zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung. Erst heute Morgen ist mir ein Fax auf den Tisch geflattert, in dem 13 000 Leute ankündigen, sie wollten gegen das Gesetz vorgehen. Hier segelt leider einiges unter falscher Flagge. Um Folgendes klarzustellen: Wenn ich heute mit jemandem von Ihnen telefoniere, dann werden die dabei anfallenden Verkehrsdaten gespeichert. Es wird also gespeichert, wann von meinem Anschluss aus mit Ihrem Anschluss telefoniert worden ist. Schon nach dem geltenden Recht können diese Daten bis zu sechs Monate gespeichert werden, bei Abrechnungsstreitigkeiten auch darüber hinaus. Wer bestimmte Suchmaschinen benutzt, der muss wissen – er nimmt das in Kauf –, dass dabei anfallende Daten möglicherweise über lange Jahre gespeichert werden, ohne dass klar ist, für welchen Zweck sie verwendet und an wen sie weitergegeben werden. Das stört scheinbar niemanden; das ist ja nicht in Deutschland, sondern irgendwo anders. Wenn jemand einen Pauschaltarif, eine sogenannte Flatrate, vereinbart – diese Tarife setzen sich immer mehr durch –, dann allerdings müssen die Daten in Deutschland – wohlgemerkt, in Deutschland – unverzüglich gelöscht werden. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und um sicherzustellen, dass der Erfolg strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen nicht von der Tarifgestaltung der Telefonanbieter abhängt, verpflichten wir alle Telefonanbieter, die Daten sechs Monate lang zu speichern. Es geht also im Wesentlichen nur um die Festlegung einer bestimmten Speicherdauer für Daten, die zum Großteil bereits heute gespeichert werden. Es geht nicht, wie immer wieder behauptet wird, um eine Datensammlung durch staatliche Stellen; vielmehr erfolgt die Speicherung – wie auch heute schon – bei den Telefongesellschaften. Sie erfahren bei der Abfrage nichts über den Inhalt der Kommunikation. Sie erfahren nur, dass zu einer bestimmten Zeit die Verbindung zu einer bestimmten Nummer bestanden hat. Selbst das muss durch einen Richter angeordnet werden. Auch hier gelten die hohen Hürden, die ich soeben für die übliche Telekommunikationsüberwachung dargestellt habe. Wir haben in Brüssel, wo sehr viel längere und umfangreichere Speicherpflichten gefordert wurden, für diese Einschränkungen hart gestritten. Wir haben mit dem Gesetz dafür gesorgt, dass Grundrechtseingriffe so gering wie möglich gehalten werden. Wir bleiben bei der Umsetzung an den Mindestvorgaben der Richtlinie, geben aber zugleich den Strafverfolgungsbehörden die notwendigen Instrumente an die Hand, um Straftaten aufzuklären. Wir schaffen damit einen fairen rechtsstaatlichen Ausgleich zwischen Freiheit und Sicherheit. Ich danke Ihnen dafür, Frau von der Aue, dass Sie dies heute deutlich erklärt haben. Dazu gehört allerdings – meine Damen und Herren, damit komme ich zu Ihrem Entschließungsantrag –, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten strikt auf die in § 113b Telekommunikationsgesetz genannten Zwecke begrenzt wird. Ihr Entschließungsantrag sieht darin einen Widerspruch zum Durchsetzungsgesetz, und Sie wollen, dass wir die gespeicherten Daten auch den Urheberrechtsinhabern preisgeben. Wir haben uns – im Übrigen in großer Übereinstimmung mit dem Deutschen Bundestag – dagegen entschieden. Ich habe natürlich Verständnis für die Befürchtungen, vor allem der Innenminister sowie der Justizminister und Justizministerinnen, dass die Urheberrechtsinhaber weiterhin den Weg über die Strafverfolgung beschreiten und die Staatsanwaltschaften mit Strafanzeigen überschwemmen. Was den Zugriff auf die gespeicherten Daten angeht, muss es aber bei der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bleiben. Da hat die Strafverfolgung eben ein anderes Gewicht als die Verfolgung privater Rechte. Heute steht – damit komme ich zum Schluss – auch ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses auf der Tagesordnung. Das ist ein fatales Signal. Wir alle brauchen das Gesetz jetzt, der Bund und seine Ermittlungsbehörden ebenso wie die Länder und ihre Ermittlungs- und Strafverfolgungsorgane. Kommt das Gesetz, das Ihnen vorliegt, heute nicht zustande, dann werden die §§ 100g und 100h, die heute den Zugriff auf gespeicherte Verkehrsdaten normieren, zum 31. Dezember 2007 auslaufen. Das bedeutet, dass nach diesen Vorschriften keine Verkehrsdaten mehr erhoben werden dürfen. Es gibt so lange keine Möglichkeit, auf Daten zurückzugreifen, bis wir uns im Vermittlungsausschuss darauf geeinigt haben, was wirklich geschehen soll. Ich bitte Sie, es nicht dazu kommen zu lassen; denn ich meine, dass wir, die Bundesregierung und nach langwierigen Beratungen mit einem guten Ergebnis schließlich auch der Deutsche Bundestag, Ihnen ein Gesetz vorgelegt haben, das – ich habe es soeben schon gesagt – einen guten Ausgleich zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte und den Notwendigkeiten des Rechtsstaates, sich gegen Verbrechen und Terrorismus zu verteidigen, herstellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Ole von Beust: Danke schön! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. – Eine Erklärung zu Protokoll*) gibt Staatsminister Dr. Söder (Bayern) ab. Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussempfehlungen und ein Antrag Berlins vor. Wir beginnen mit dem Landesantrag. Wer dafür ist, den Vermittlungsausschuss mit dem dort angegebenen Ziel anzurufen, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist eine Minderheit. Damit hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuss n i c h t angerufen. Wir kommen nun zur Abstimmung über die in Ziffer 2 der Ausschussempfehlungen enthaltene Entschließung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist auch eine Minderheit. Damit hat der Bundesrat k e i n e Entschließung gefasst. Anlage 12: Erklärung von Staatsminister Dr. Markus Söder (Bayern) zu Punkt 17 der Tagesordnung Manchmal kommt man sich im Bundesrat vor wie in dem bekannten Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Im Film erlebt der geplagte Hauptdarsteller jeden Tag von Neuem denselben Tag mit seinen sattsam bekannten gleichen Ereignissen. Und wie geht es uns im Bundesrat? Alle Jahre wieder – und zwar just in der Vorweihnachtszeit – schenken Bundesjustizministerium und Bundestag den Gerichten und Staatsanwaltschaften ein weihnachtliches Gesetzespaket. Und alle Jahre wieder stellt man fest, dass das Paket nicht nur eitel Freude auslöst, sondern auch eine gewisse Verärgerung, weil wichtige Anliegen des Bundesrates bei der Gesetzesfassung nicht berücksichtigt wurden. Wenn sich der Bundesrat dann überlegt, ob er das Gesetzespaket nicht an den Vermittlungsausschuss geben sollte, stellt er fest, dass der Jahreswechsel naht und damit auch das Auslaufen einer für die Gerichte und Staatsanwaltschaften wichtigen befristeten gesetzlichen Regelung. In dieser misslichen Lage hilft das vorweihnachtliche Gesetzespaket, indem es die so wichtige Regelung über den Jahreswechsel hinaus verlängert. Zähneknirschend bleibt dem Bundesrat dann gar nichts anderes übrig, als dem Gesetzespaket ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses zuzustimmen, um nur ja ein Auslaufen der befristeten Regelung zu verhindern. So ging es uns vor einem Jahr beim zweiten Justizmodernisierungsgesetz, das die für die Entlastung der Landgerichte wichtige Möglichkeit der Besetzung von Strafkammern mit nur zwei Berufsrichtern verlängerte, und nun geht es uns wieder genauso mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung. Diesmal droht den Staatsanwaltschaften, dass ab dem 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage für Auskünfte über Telekommunikationsverbindungsdaten wegfällt. Die Parallelität der Ereignisse lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Es war nicht der Zufall, der hier Regie geführt hat! Wie Sie meinen Worten unschwer entnehmen können, hätte Bayern gute Lust gehabt, zur TKÜ-Novelle die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu beantragen. Wir müssen davon jedoch nicht zuletzt wegen der für die Strafverfolgung wichtigen Rechtsgrundlage für Verbindungsdatenauskünfte absehen Im ersten Durchgang hatten wir im Bundesrat eine stattliche Anzahl von Änderungsanträgen beschlossen. Das dahinterstehende Hauptanliegen war dabei, die Belastungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Auch die vom Bundestag angehörten Sachverständigen haben diese Belastungen für die Praxis deutlich kritisiert. Der Bundestag hat unseren Anliegen jedoch nur zu einem kleineren Teil Rechnung getragen. Gott sei Dank konnte wenigstens die Verkürzung der Anordnungs- und Verlängerungsfristen für die Telekommunikationsüberwachung verhindert werden. Die Statistik- und Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften wurden gegenüber dem ursprünglichen Entwurf jedoch nur unwesentlich verringert, gegenüber der jetzigen Rechtslage hingegen deutlich ausgeweitet. Die umfangreichen Benachrichtigungspflichten blieben unverändert. Die von uns geforderten Erweiterungen des Straftatenkatalogs für die Telekommunikationsüberwachung blieben mit Ausnahme weniger Delikte aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz unberücksichtigt. Der Gesetzentwurf enthält eine weitere Regelung, die mir große Sorgen bereitet, weil sie Inhaber geistiger Schutzrechte im Regen stehen lässt, die Staatsanwaltschaften massiv belastet und letztlich auch nicht dem Interesse der Internetnutzer und möglichen Rechtsverletzern gerecht wird. Ich meine den Ausschluss der Verarbeitung von gemäß § 113a TKG gespeicherten Verbindungsdaten für eine zivilrechtliche Auskunft eines Internetproviders über Name und Anschrift eines mittels dynamischer IP-Adresse und Uhrzeit individualisierten Anschlussinhabers. Aus guten Gründen sieht der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums in Umsetzung der einschlägigen Richtlinie einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch auch gegenüber Internetprovidern vor. Da die Internetprovider aber an ihre Kunden dynamische IP-Adressen vergeben, die sich bei jedem Einwahlvorgang ändern, können sie eine derartige Auskunft nur erteilen, wenn sie in den internen Verlaufslisten nachsehen. Und dafür stehen praktisch nur die gemäß § 113a TKG gespeicherten Verkehrsdaten zur Verfügung. Wenn diese nicht einmal intern verarbeitet werden dürfen – herausgegeben werden sollen sie sowieso nicht –, läuft der Auskunftsanspruch auf Mitteilung der Bestandsdaten allein wegen des technischen Hintergrunds dynamischer IP-Adressen leer. Dies widerspricht nicht nur dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, sondern auch meinem Verständnis von Datenschutz und lauterem Rechtsverkehr. Die Folge ist, dass die Rechteinhaber weiterhin den von ihnen nicht gewollten Weg über Strafanzeigen gehen müssen, was nicht nur die Staatsanwaltschaften massiv belastet, sondern auch dazu führt, dass gegen zehntausende Anschlussinhaber Strafverfahren eingeleitet werden müssen, obwohl es den Rechteinhabern nur um die Kenntnis der Namen geht, um gegen die schweren Fälle gezielt zivilrechtlich vorgehen zu können. Auf dieses Problem weist die Entschließung hin, um deren Unterstützung ich bitte. Nachdem sich der Pulverdampf dieses Gesetzesvorhabens verzogen hat, müssen wir das Thema beim Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums nochmals sachlich angehen und lösen. Weitere Informationen |
< zurück | weiter > |
---|