AK Zensus kündigt weitere Proteste gegen die Volkszählung 2011 an (05.10.2010) |
+++ AK Zensus kündigt weitere Proteste gegen die Volkszählung 2011 an +++ Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen +++ Keine inhaltliche Stellungnahme durch das Bundesverfassungsgericht +++ Der AK Zensus bedauert, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21. September 2010[1] die vom Arbeitskreis initiierte Verfassungsbeschwerde[2] gegen die Volkszählung 2011 nicht zur Entscheidung angenommen hat. Laut Bundesverfassungsgericht lägen die Annahmevoraussetzungen nicht vor, insbesondere sei die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend detailliert begründet. Mit der im Juli eingereichten Beschwerde hatten vier Beschwerdeführer mitsamt 13.077 Unterstützern das der Volkszählung zugrunde liegende Zensusgesetz kippen wollen[3]. Der AK Zensus wird nun mit weiteren juristischen Mitteln versuchen, die Volkszählung 2011 noch zu verhindern und vor allem auch auf die Möglichkeiten des zivilen Ungehorsams aufmerksam machen. "Das Bundesverfassungsgericht hat unsere Forderungen bereits im Volkszählungsurteil von 1983 bestätigt", erklärt Werner Hülsmann vom Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e.V. und ergänzt: "Die technischen Möglichkeiten der Datenverarbeitung schreiben Sparsamkeit und große Vorsicht im Umgang mit persönlichen Daten vor. Wenn es darum geht, die Bürgerinnen und Bürger zu zählen, bedeutet dies ja nicht, in ihrem Privatleben herumwühlen zu müssen." "Das Gericht hat mit seiner Entscheidung keine Stellungnahme zu den in der Beschwerde angeführten Kritikpunkten abgegeben. Wir werden weiterhin alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um das Zensusgesetz sowie auch die verketteten Ausführungsgesetze der Länder vor Gericht anzugreifen" erläutert Rechtsanwältin Eva Dworschak vom AK Zensus und fügt hinzu: "Die bereits angestrengten Verfahren, beispielsweise der Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe eG sowie mehrerer Bürgerinnen und Bürger werden wir weiterhin unterstützen." "Wir im AK Zensus und andere Datenschützer halten das Zensusgesetz weiterhin für verfassungswidrig" sagt Jens Rinne vom Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF). Rinne weiter: "Die Entscheidung ist zwar ein harter Schlag für uns - doch wir werden nicht aufgeben und arbeiten weiter daran, sachlich und kritisch über die Volkszählung aufzuklären und dagegen anzugehen." Verfassungsbeschwerde mit 13.000 Unterstützern Vier Beschwerdeführer, unterstützt durch AK Vorrat, FoeBuD e.V. und FIfF e.V., hatten am 16. Juli 2010 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht, mit einer Liste von 13.077 Unterstützern im Anhang. Sie protestieren damit gegen eine umfangreiche Erfassung und Zusammenführung ihrer persönlichen Daten bei der im kommenden Jahr anstehenden Volkszählung (sogenannter Zensus). Datenschützer sehen das Zensus-Gesetz, welches die bereits begonnene und bis Mai 2011 zu vollziehende Volkszählung regelt, sowie die (teilweise als Entwürfe vorliegenden) Ausführungsgesetze der Länder als verfassungswidrig an. Für die Volkszählung 2011 werden umfangreiche persönliche Daten aller in Deutschland lebenden Menschen in einer gewaltigen Datenbank zusammengeführt. Für die deutschland- und EU-weite Volkszählung sind alle hier lebenden Menschen betroffen und nach Erhebung, zum Teil auch durch Stichproben, zur Beantwortung zahlreicher Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich verpflichtet. Bei der Erhebung ist Auskunft über Dritte, wie Nachbarn, Mieter und sonstige (nichtangemeldete) Bewohner zu erteilen. So werden beispielsweise das genaue Wohn- und Arbeitsverhältnis, der Familienstatus, die Religionszugehörigkeit sowie die Eigentumsverhältnisse ermittelt. Dabei sieht die EU-Vorlage eine Datenerhebung in dieser tiefgegliederten Weise nicht vor. Zuvor werden sensible persönliche Daten aus zahlreichen Quellen unter einer personenbezogenen Ordnungsnummer zusammengeführt, und zwar ohne Einwilligung und explizite Mitteilung der Betroffenen. Die Daten von Meldeämtern und Behörden, der Kataster- und Vermessungsämter, der Bundesagentur für Arbeit und anderer Behörden, werden somit zweckentfremdet – das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird verletzt. Insgesamt wurde in der Beschwerdeschrift auch ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit dargelegt, da im Zensus-Gesetz etliche Querverweise die vorangegangenen Einzelregelungen wieder aushebeln und den Bürger irreführen. So wird auch das Gebot, die Ordnungsnummern (sogenannte Hilfsmerkmale) unverzüglich zu löschen, durch eine weitere Regelung innerhalb des Gesetzes dahingehend relativiert, dass die personenbezogenen, nicht anonymisierten Daten bis zu vier Jahre lang nicht gelöscht werden müssen. Über die Initiative Die Kampagne gegen die Volkszählung 2011 ist eine Initiative des Arbeitskreises Zensus, der unter dem Dach des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) gegründet wurde. Im Rahmen seiner Arbeit will der AK Zensus gegen das neue Gesetz zur Vollerfassung der Bevölkerung vorgehen und gleichzeitig datenschutzfreundlichere Lösungen entwickeln. Auf seiner Webseite www.zensus11.de informiert er über das Gesetz und die möglichen Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger. Der AK Vorrat ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, der in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen überparteilich und unabhängig agiert. Die Initiative gegen die Volkszählung 2011 wird durch weitere Organisationen unterstützt, zum Beispiel durch den FoeBuD e.V. und das “Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.” (FIfF). |
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