CDU-Innenminister: Ende der Vorratsspeicherung ohne Einfluss auf Aufklärung von Straftaten (6.6.11) |
+++ Schünemann (CDU) sieht keine erheblichen Auswirkungen auf die
Aufklärungsquote +++ Vorratsdatenspeicherung leistete auch keinen
Beitrag zur Festnahme der mutmaßlichen Mitglieder der Düsseldorfer
Qaida-Zelle +++
Einer der schrillsten Befürworter einer Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten in Deutschland, Niedersachsens Innenminister Schünemann (CDU), musste nun erstmals eingestehen, dass die Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht ohne Einfluss auf die Aufklärung von Internetdelikten geblieben ist. Wörtlich erklärte der Minister am 29.05.2011 vor dem niedersächsischen Landtag: "Erhebliche Auswirkungen im Hinblick auf die Aufklärungsquote bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Tatmittel Internet begangen wurden, sind für das Jahr 2010 nicht festzustellen."[1] Mit diesem bemerkenswerten Eingeständnis bestätigt der CDU-Mann, worauf wir schon immer hingewiesen haben: Ob Verbindungsdaten der gesamten Bevölkerung ohne Anlass auf Vorrat gesammelt werden oder ob eine Speicherung nur gezielt im Bedarfsfall erfolgt, hat keinerlei statistisch signifikante Auswirkung auf die registrierte Anzahl von Straftaten oder die Aufklärungsquote. Dies bestätigt nicht nur die Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts.[2] Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat dasselbe auch für andere europäische Länder festgestellt.[3] Eine grundlose Datensammlung ins Blaue hinein hat sich damit schlichtweg als wirkungslos erwiesen. "Dass Schünemann trotz seines Eingeständnisses weiterhin eine Vorratsdatenspeicherung fordert, zeigt, dass die Befürworter dieses fehlgeschlagenen Experiments nur noch ideologisch argumentieren und nicht mehr in der Lage sind, die abweichende Realität zu akzeptieren", erklärt Armin Schmid vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Patrick Breyer, ebenfalls Mitglied im Arbeitskreis, ergänzt hierzu: "Die Versuche des Ministers, seinen eigenen Befund mit statistischen Verzögerungen wegzuerklären, überzeugen nicht. Schon im Jahr 2008, also vor Beginn der sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung im Internet, wurde im Bereich der Internetkriminalität eine Aufklärungsquote von 79,8% erzielt - nach Inkrafttreten des Internet-Speicherzwangs im Jahr 2009 sank diese Aufklärungsquote auf 75,7%.[4] Falsch ist auch die Behauptung, dass 'wegen fehlender Vorratsdaten' keine Verfahren hätten eingeleitet werden können, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur im Rahmen bereits eingeleiteter Verfahren zugegriffen werden. Tatsächlich sind 2010 nicht weniger, sondern mehr Ermittlungsverfahren wegen Internetdelikten eingeleitet worden als im Vorjahr mit Vorratsdatenspeicherung (2008: 167.451, 2009: 206.909, 2010: 223.642 Verfahren). Die Politik muss einsehen, dass Vorratsdatenspeicherung schlichtweg die Falschen trifft, nämlich völlig unschuldige und unverdächtige Bürger." Angesichts wiederholter Falschmeldungen in der Presse weisen wir darauf hin, dass das verfassungswidrige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keinerlei Beitrag zu der Festnahme der mutmaßlichen Mitglieder einer Düsseldorfer Qaida-Zelle geleistet hat. Ende April 2010, als die Polizei zur Lokalisierung eines Verdächtigen einen Internetprovider um Auskunft über eine Internetkennung ersuchte,[5] war das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung bereits seit Monaten außer Kraft. Dennoch konnte die Auskunft anhand von Daten, die von dem Telekommunikationsanbieter für Geschäftszwecke ohnehin gespeichert waren, erteilt werden. Im Verdachtsfall kann eine Datenspeicherung schon heute gezielt angeordnet werden, ohne dass dazu die Verbindungsdaten sämtlicher Menschen in Deutschland erfasst werden müssten. Die Beteiligten waren von der Polizei schon monatelang beobachtet worden und mussten früher oder später auffliegen. Dass eine Vorratsdatenspeicherung weiter geführt hätte, ist eine durch nichts belegte Spekulation von BKA-Präsident Ziercke,[6] einem unverbesserlichen Befürworter einer Totalerfassung der gesamtgesellschaftlichen Kommunikation. Tatsächlich hat Vorratsdatenspeicherung mit Terrorismus nichts zu tun. Es handelt sich nicht um ein "Anti-Terror-Gesetz". Gerade bei Terroristen ist eine Vorratsdatenspeicherung nutzlos und leicht zu umgehen. So führte die Düsseldorfer Zelle "tatrelevante Kommunikation" nur im persönlichen Gespräch oder mittels wechselnder Callshops.[7] Eine Vorratsdatenspeicherung ist sogar kontraproduktiv, weil sie zu einem verstärkten Ausweichen auf solche Kommunikationskanäle führt, die selbst im Verdachtsfall nicht mehr überwachbar sind. |
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