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Polizeistatistik Niedersachsen: Wiedereinführung einer Vorratsspeicherung wäre maßlos (20.2.2012) Print E-mail

Die jetzt vorliegende Kriminalstatistik[1] von Niedersachsen für das Jahr 2011 zeigt: Nach dem Ende der anlasslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten bleibt die Aufklärung von Internetkriminalität überdurchschnittlich erfolgreich. Bürgerrechtler widerlegen falsche Behauptungen des Niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemanns und warnen vor einem weiteren Anlauf zu einer verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Internetverbindungen.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann veröffentlichte vergangene Woche Auszüge aus der Polizeilichen Kriminalstatistik Niedersachsens für 2011 und wird nicht müde, nach einer erneuten verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten zu rufen. Nichts in der Statistik aber spricht für die Annahme, dass das Ende der Vorratsdatenspeicherung zu mehr Internetkriminalität geführt hätte - im Gegenteil! Im Jahr 2011 und damit nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung wurden in Niedersachsen 57% weniger Internetdelikte registriert als im Vorjahr (2010: 609 Fälle, 2011: 387 Fälle), wie das Niedersächsische Innenministerium dem AK Vorrat auf Nachfrage mitteilte. Dass der Polizei 2011 weniger Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf dem Ende der Vorratsdatenspeicherung am 2. März 2010, denn auf Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.

Die Statistik straft auch die ständige Leier maßloser Innenpolitiker und Polizeifunktionäre Lüge, das Internet sei nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung ein „rechtsfreier Raum“ oder Ermittlungen seien kaum noch möglich: Im Jahr 2011 wurden in Niedersachsen auch ohne Vorratsdaten fast vier von fünf Internetdelikten aufgeklärt (79%). Damit waren im Internet begangene Straftaten auch ohne Vorratsdatenspeicherung deutlich häufiger aufzuklären als außerhalb des Internet begangene Straftaten (61%). Auch die Verbreitung von Kinderpornografie über das Internet wurde 2011 ohne Vorratsdatenspeicherung deutlich häufiger aufgeklärt (70%) als außerhalb des Internet begangene Straftaten.

„Da Internetdelikte auch ohne Vorratsdatenspeicherung überdurchschnittlich erfolgreich aufgeklärt werden, muss der fatale Vorschlag des Bundesjustizministeriums für eine neuerliche anlasslose Erfassung sämtlicher Internetverbindungen in Deutschland vom Tisch“, erklärt Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „99,6% der Internetnutzer werden nie einer Straftat auch nur verdächtigt. Der Schutz der 50 Mio. Internetnutzer in Deutschland vor falschem Verdacht, Datenmissbrauch und Datenpannen durch Vorratsdatenspeicherung darf nicht 'aufgrund parlamentarischer Zwänge' verhandelbar werden. Die FDP muss hier zu ihrem Wort stehen und jede verdachtslose Datenspeicherung ablehnen.“

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem langfristigen Trend (2008: 86,0%, 2009: 83,4%, 2010: 81,8%, 2011: 79,3%), der sich unabhängig von Inkrafttreten und Ende der sechsmonatigen Totalspeicherung aller Internet-Identitäten (IP-Adressen) im Zeitraum 01.01.2009-02.03.2010 entwickelt. Es ist normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger aufgeklärt werden als außerhalb des Internet begangene Straftaten (2011: 61%).

„Angstkampagnen und Panikmache der Innenpolitik nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung sind substanzlos, laufen allen Sacherkenntnissen zuwider und helfen in einer nüchternen Debatte nicht weiter“, erklärt Michael Ebeling vom Arbeitskreis. „Fakt ist, dass wir mit gezielten und anlassbezogenen Ermittlungen nicht weniger sicher leben als mit einer Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikations aller Deutschen ohne jeden Grund. Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger lehnen eine Vorratsdatenspeicherung ab[2] und selbst die EU-Kommission sucht händeringend nach Argumenten für die Fortführung[3] und denkt über deren gänzliche Abschaffung nach[4]. Das sollte auch der Innenminister Niedersachsens zur Kenntnis wahrnehmen und anerkennen.“

 
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