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Marginale Änderungen: Gesetzentwurf zu Bestandsdatenabfrage weiter verfassungswidrig (20.3.2013) Print E-mail

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht die geplanten Änderungen und konkretisiert schwere Vorwürfe

Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 20. März 2013

 Schon im November 2012 hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisch auf die geplante Änderung des Telekommunikationsgesetzes hingewiesen . Nach weiterer Kritik aus den Reihen von Rechtsexperten und Datenschützern hat der Bundestagsausschuss daraufhin Änderungen vorgenommen, die jedoch nur marginaler Natur sind und den Kern der Probleme unberührt lassen.

Die Verabschiedung der Gesetzesänderungen soll am morgigen Donnerstag erfolgen, und würde einen drastischen Einschnitt in die wesentlichen Persönlichkeitsrechte der Menschen bedeuten und das Brief- und Telekommunikationsgeheimnis erheblich schwächen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht die von der SPD nun unterstützten Änderungsvorschläge und belegt mit einer Auflistung von sechs konkreten Punkten , warum die geplanten Neuregelungen schlecht für eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft sind und die verfassungsmäßigen Grenzen des Zulässigen weit überschreiten:

1. Es fehlt bereits die verfassungsrechtlich gebotene abschließende Bestimmung, welche Vorschriften einen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen (einfachgesetzliches Zitiergebot).

2. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sollen Zugriffe auf Kommunikationsdaten durch Polizeibehörden nicht beschränkt werden auf Fälle konkreter Gefahr oder des Verdachts einer besonders gewichtigen Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern selbst zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen werden.

3. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern durch Geheimdienste keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen.

4. Es ist unklar und nicht kontrollierbar, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugriffscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.

5. Der Bund will Anbietern verbieten, betroffene Kunden über erfolgte Datenabfragen zu benachrichtigen, selbst wo die Länder Stillschweigen nicht anordnen (z.B. bei Suizidgefahr oder Vermissten).

6. Den Datenzugriff durch eine elektronische Schnittstelle weiter zu erleichtern ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig.

"Sicherheitsbehörden und Geheimdienste dürften sich nach diesem Entwurf nahezu unbeschränkt bei den umfangreichen Adress- und Kontoinformationen der Provider bedienen und die Zuordnung einer IP-Adresse mittels automatisierter Analyse der Verkehrsdaten verlangen," erläutert Heiko Stamer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Der Richtervorbehalt beim Zugriff auf Passwörter und Sicherheitscodes wird sich in der Praxis als genauso wirkungslos wie bei Hausdurchsuchungen erweisen. Und die marginalen Änderungen bei der Benachrichtigungspflicht sind insgesamt viel zu schwach und bleiben daher unwirksam. Die durchaus gebräuchlichen juristischen Floskeln haben sich bereits seit geraumer Zeit als untauglich erwiesen, wie beispielsweise die noch immer ausstehende Benachrichtigung von tausenden Betroffenen der weitreichenden Funkzellenabfragen in Sachsen und Berlin zeigt."

"Wenn die Provider künftig die Passwörter ihrer Kunden im Klartext herausgeben sollen, dann müssen sie diese auch so speichern, und nicht in sicherer Form als sog. Hash-Werte," ergänzt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Das wäre eine Verletzung der gängigen Sicherheitspraxis und ein reales Riskio für alle Kunden. Denn auch solche Daten können in falsche Hände geraten. Die Folgen wären unabsehbar."

"Die mit dieser Gesetzesänderung verbundene Einführung einer elektronischen Schnittstelle zur vereinfachten oder gar teil-automatisierten Abfrage von Kommunkikationsdaten der Menschen ist nicht dem vereinbar, was wir uns als freie Gesellschaft vorstellen oder wünschen," betont Michael Ebeling vom AK Vorrat. "Die damit installierte Überwachungs-Infrastruktur schafft gewaltige Missbrauchsrisiken und wird nicht effektiv kontrolliert werden können. Den Abgeordneten des Bundestags sollte das sachlich und in aller Ruhe erläutert werden, bevor sie morgen darüber abstimmen!"

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert die gewählten Vertreter der Bürger im Bundestag dazu auf, dieser Änderung des Telekommunikationsgesetzes ihre Stimme zu verweigern und grundlegende Gedanken über die Weiterentwicklung der Gesellschaft im informationstechnischen Zeitalter und über die Bedeutung der Anonymität für die Menschen anzustrengen, bevor derartig tiefe Beschneidungen des Brief- und Telekommunikationsfreiheit vorgenommen werden.

 

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Bildquelle

Bearbeitung eines Motivs von Frans Jozef Valenta, Bonn, Creative Commony BY-NC-ND, Weitere Motive hier .

 
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