Gemeinsame Erklärung zum Gesetzentwurf über die Vorratsdatenspeicherung Der
Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sieht
vor, Telekommunikationsunternehmen ab 2008 zu verpflichten,
Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Zur
verbesserten Strafverfolgung soll nachvollziehbar werden, wer mit wem
in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in
Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der
jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Bis spätestens
2009 soll zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden. Eine
derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in
Deutschland halten wir für inakzeptabel. Ohne jeden Verdacht einer
Straftat sollen sensible Informationen über die sozialen Beziehungen
(einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die
individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten,
Psychologen, Beratungsstellen) von über 80 Millionen Bundesbürgerinnen
und Bundesbürgern gesammelt werden. Damit höhlt eine
Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und
andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Wirtschaftsspionage. Sie
untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die
Pressefreiheit im Kern. Die enormen Kosten einer
Vorratsdatenspeicherung sind von den Telekommunikationsunternehmen
zu tragen. Dies wird Preiserhöhungen nach sich ziehen, zur Einstellung
von Angeboten führen und mittelbar auch die Verbraucher belasten. Untersuchungen
zeigen, dass bereits die gegenwärtig verfügbaren Kommunikationsdaten
ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von Straftaten ausreichen. Es
ist nicht nachgewiesen, dass eine Vorratsdatenspeicherung besser vor
Kriminalität schützen würde. Dagegen würde sie Millionen von Euro
kosten, die Privatsphäre Unschuldiger gefährden, vertrauliche
Kommunikation beeinträchtigen und den Weg in eine immer weiter
reichende Massenansammlung von Informationen über die gesamte
Bevölkerung ebnen. Rechtsexperten erwarten, dass das
Bundesverfassungsgericht eine Pflicht zur verdachtslosen
Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten für verfassungswidrig
erklären wird. Außerdem wird erwartet, dass die EG-Richtlinie zur
Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäische Gerichtshof keinen Bestand
haben wird. Die Richtlinie verstößt gegen die im Europarecht
verankerten Grundrechte und ist in vertragsverletzender Weise
zustandegekommen. Irland hat bereits Klage gegen die Richtlinie
erhoben. Der Ausgang dieser Klage sollte zumindest abgewartet werden. Als
Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, der Medien, der freien Berufe und
der Wirtschaft lehnen wir das Vorhaben einer Vorratsdatenspeicherung
geschlossen ab. Wir appellieren an die Politik, sich grundsätzlich von
dem Vorhaben der umfassenden und verdachtsunabhängigen Speicherung von
Daten zu distanzieren. Unterzeichner am 22.01.2007: - Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
- Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV)
- Chaos Computer Club e.V. (CCC)
- Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di
- Deutsche Liga für Menschenrechte e.V.
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e.V.
- Deutscher Journalisten-Verband (DJV)
- Deutscher Presserat
- eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.
- Evangelische Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür e.V.
- Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII Deutschland)
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF)
- Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD)
- Gustav Heinemann-Initiative (GHI)
- Humanistische Union e.V.
- Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR)
- Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
- Netzwerk Neue Medien e.V.
- netzwerk recherche e.V.
- Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
- no abuse in internet e.V. (naiin)
- Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen
- Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)
- STOP1984
- Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)
- Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ)
Weitere Unterzeichner: - Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP)
- Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi)
- Bundeskoordination Internationalismus (BUKO)
- Bundesverband deutscher Pressesprecher e.V. (BdP)
- Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW)
- Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff)
- Bundesverband junger Autorinnen und Autoren (BVjA)
- Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e.V. (BUH)
- Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH)
- Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) e.V.
- Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) e.V.
- Deutscher Anwaltverein e.V. (DAV)
- Deutscher Fachjournalisten-Verband (DFJV)
- FREELENS e.V. - Verband der Fotojournalisten
- German Unix User Group e.V. (GUUG)
- Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V.
- Katholische Glaubensinformation e.V.
- Reporter ohne Grenzen e.V
- Verband der Internet-Cafes Deutschland e.V. (VICD)
- Verband Freier Lektorinnen und Lektoren (VFLL) e.V.
- Verein zur Förderung der Suchmaschinen-Technologie und des freien Wissenszugangs e.V. (SuMa-eV)
- Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD)
- Verein zur Politischen Jugendpartizipation e.V. (VPJ)
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