Hansenet gerichtlich zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat den Widerspruch des Hamburger Telekommunikationsunternehmens gegen den Beschluss der niederen Instanz zurückgewiesen und die Protokollierung der Nutzerdaten angeordnet.

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Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat den Widerspruch von Hansenet gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln zurückgewiesen, das einen Antrag des Hamburger Telekommunikationsunternehmen auf eine vorläufige Befreiung von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung im September abgelehnt hatte. Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des Berufungsgerichts in Münster von Anfang November hervor (Az. 13 B 1392/09).

Offen gelassen hat der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts, ob die Vorschriften der §§ 110 und 113 a Telekommunikationsgesetz (TKG), aus denen die Pflichten des Telekommunikationsanbieters hervorgehen, verfassungs- und europarechtkonform sind. Derzeit sei nicht abzusehen, wie das Bundesverfassungsgericht in den bald mündlich verhandelten Verfassungsbeschwerden gegen die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren entscheiden werde.

Das OVG selbst spricht von einer "anlasslosen Überwachung" und einer mithin "ohne Vorliegen eines Anfangsverdachts oder eines konkreten Hinweises eingeleiteten Kontrolle". Karlsruhe habe aber zunächst die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung abgelehnt und auch die mit der Aufbewahrungspflicht verbundenen Kosten dafür nicht als hinreichend angesehen. Unbeantwortet sei auch noch die Frage, in welchem Umfang das Bundesverfassungsgericht angesichts der EU-Vorgaben über die Verfassungskonformität der angegriffenen Vorschrift zu bestimmen habe.

Vor diesem Hintergrund hat das OVG das öffentliche Vollziehungsinteresse mit dem privaten Interesse Hansenets abgewogen. Hier habe Hansenet keine ausreichend qualifizierten Argumente vorgebracht, seine wirtschaftlichen Nachteile "nicht widerspruchsfrei" aufgeführt, sodass der ökonomische Aufwand nicht sicher einzuschätzen sei. Nicht wieder gutzumachende Folgen für die Antragstellerin seien so auch nicht zu erkennen, falls die Speicherpflicht durch Karlsruhe aufgehoben würde.

TK-Unternehmen wie die Mobilfunkanbieter Mobilcom, Debitel, Klarmobil und Callmobile sowie die Provider BT Deutschland und QSC dürfen laut Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin hingegen derzeit von der zuständigen Bundesnetzagentur nicht zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen werden. Die Berliner Richter befanden im Gegensatz zu ihren nordrhein-westfälischen Kollegen, dass die Pflicht zur Aufbewahrung der Verbindungs- und Standortdaten ohne angemessene Kostenerstattung verfassungswidrig sei.

Diesen abweichenden Beschlüssen müsse man nicht weiter nachgehen, meint das OVG NRW. Die fehlende Entschädigungsregelung sei zwar möglicherweise in einem eigenständigen Verfahren zu behandeln. Es bestünden aber keine Bedenken, dass die Regulierungsbehörde eine falsche Entscheidung getroffen habe. Die Bundesnetzagentur behandle die Fälle einheitlich und habe jeweils Beschwerde gegen die Entscheidungen beim Berufungsgericht eingelegt. So gebe es keine Wettbewerbsverzerrungen.

(anw)