Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger macht deutlich, dass sie die Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten für entbehrlich hält.

abendblatt.de: Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit mit Bundesinnenminister de Maizière bewerten – auf einer Skala von null bis zehn?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wir versuchen, an der Sache orientiert gut zusammenzuarbeiten. In Einzelfragen wie der Vorratsdatenspeicherung haben wir natürlich unterschiedliche Grundeinstellungen.

abendblatt.de: Also fünf von zehn Punkten.

Leutheusser-Schnarrenberger: (lacht) Fünf plus X.

abendblatt.de: De Maizière drängt Sie, rasch einen Gesetzentwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten vorzulegen. Wann wird es soweit sein?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich dränge ihn ja auch nicht zu Gesetzen. Mein Ziel ist es, seriös mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzugehen. Es wäre verantwortungslos, einen Zeitplan zu nennen.

abendblatt.de: Die Karlsruher Richter haben angeordnet, alle bisher erfassten Verbindungsdaten zu löschen. Wird die Gefahr eines Terroranschlags in Deutschland jetzt größer?

Leutheusser-Schnarrenberger: Nein, das behauptet auch nicht der Innenminister. Wir dürfen die Bedeutung der Vorratsdaten für die Terrorabwehr nicht überbewerten. Niemand sollte vergessen, dass weiterhin auf die Verkehrsdaten zugegriffen werden kann. Unsere Sicherheitsbehörden sind gut gerüstet.

abendblatt.de: Könnte die Bundesrepublik ganz auf die Vorratsdatenspeicherung verzichten?

Leutheusser-Schnarrenberger: Andere Staaten kommen ohne Vorratsdatenspeicherung aus, zum Beispiel die USA. Die haben die „Quick-Freeze-Methode“, also das Einfrieren der Daten bei vorliegendem Verdacht.

abendblatt.de: In der Europäischen Union zwingt eine Richtlinie die Mitgliedstaaten zur Speicherung.

Leutheusser-Schnarrenberger: In sechs EU-Staaten ist die EU-Richtlinie nicht umgesetzt. Es wird eine Prüfung geben müssen, wie mit diesem Problem umgegangen wird. Und ob die Richtlinie mit der europäischen Grundrechtscharta vereinbar ist.

abendblatt.de: Ist es denkbar, dass Sie gar keinen Gesetzentwurf vorlegen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Wir legen nicht die Hände in den Schoß. Aber wir müssen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau auswerten und in die europäische Entwicklung einbetten.

abendblatt.de: Nennen Sie doch mal Eckpunkte eines neuen Gesetzes.

Leutheusser-Schnarrenberger: Das Verfassungsgericht hat ja bereits eine Richtung vorgegeben. Die Notwendigkeit und die Sicherheit der gespeicherten Daten müssen gewährleistet sein. Das Gesetz ist nicht verfassungswidrig, weil es schlampig gemacht war.