Brüsseler Datenbank-Bestandsaufnahme lobt Vorratsdatenspeicherung

Die Europäische Kommission hat die deutsche Fassung der Bestandsaufnahme über das Informationsmanagement im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht veröffentlicht. Neben der Darstellung der einzelnen Datenbanken finden sich erstmals Beispiele zu den Fahndungserfolgen, die dank der aufgelaufenen Daten erzielt worden seien.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Europäische Kommissionnn hat die deutsche Fassung der Bestandsaufnahme über das Informationsmanagement im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (PDF-Datei) veröffentlicht, die vor wenigen Tagen in Brüssel vorgestellt wurde. Das Dokument "bietet den Bürgern einen Überblick darüber, welche Informationen über sie erhoben,gespeichert und ausgetauscht werden, und zu welchem Zweck und durch wen dies geschieht." Neben der Darstellung der einzelnen Datenbanken finden sich erstmals Beispiele zu den Fahndungserfolgen, die dank der aufgelaufenen Daten erzielt worden seien.

Je nach Lesart sind es siebzehn bis zwanzig Datenbanksysteme, die in Europa Daten speichern und den europäischen Strafverfolgern, Grenz- und Zollbehörden zur Verfügung stellen oder in Kürze stellen werden. Die Spannbreite reicht vom bekannten Schengener Informationssystem SIS über das Finanzinformationssystem FIU.net bis zum europäischen Strafregisterinformationssystem ECRIS (PDF-Datei), das sich noch im Aufbau befindet, genau wie das Visa-Informationssystem VIS oder die europäische Fluggastdatenbank. Das informative Dokument erläutert auf 60 Seiten, welche Daten zu welchem Zweck mit welchen Speicherfristen wo gespeichert werden. Dazu gibt es einen tabellarischen Überblick der Systeme und eine Übersicht der Fahndungserfolge, die aus der Speicherung bestimmter Daten abgeleitet wurden.

Wer sich etwa von der Wirksamkeit der von den Verfassern gelobten Technik der Vorratsdatenspeicherung überzeugen lassen will, wird auf Seite 39 fündig. Die in Deutschland und Rumänien wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht eingesetzte und von weiteren sechs Mitgliedsstaaten nicht umgesetzte Technik hat demnach geholfen, Schwerverbrechen aufzuklären:
"Der Polizeibehörde eines Mitgliedstaates ist es gelungen, eine Personengruppe aufzuspüren, die aus rassistischen Motiven sechs Menschen ermordet hatte. Die Täter hatten versucht, durch Austauschen ihrer SIM-Karten zu entkommen, konnten jedoch anhand ihrer Ruflisten und Mobiltelefon-Gerätenummern identifiziert werden."
"Eine Polizeibehörde konnte zwei Tatverdächtigen die Beteiligung an einem Tötungsdelikt nachweisen, nachdem sie die Mobilfunkdaten des Opfers ausgewertet hatte. So gelang es den Ermittlern, den Weg zu rekonstruieren, den das Opfer mit den zwei Verdächtigen gemeinsam zurückgelegt hatte."

Bei der Lektüre des Überblicks erfahren die Bürger nicht nur, welche Daten gespeichert werden, sondern auch, was künftig an Datenbeständen noch aufgebaut werden soll. Besonders erwähnenswert ist hier die europäische Fluggastdatenbank, die nach dem Vorbild der abgeschlossenen Vereinbarungen mit den USA und Kanada eingerichtet werden soll. Die US-Vereinbarung bewertet das Papier als datenschutzmäßig vorbildlich, weil die Daten nur sieben Jahre in einer aktiven Datenbank gespeichert sind und dann für acht Jahre in eine "ruhende Datenbank" kommen, die nur durch eine Sondergenehmigung "entriegelt" werden kann. Auch Kanada bekommt Lob: "Ein gutes Beispiel ist die Verwendung von PNR-Daten aus der EU durch Kanada: Die Information muss nach 72 Stunden anonymisiert werden, bleibt jedoch für ermächtigte Beamte dreieinhalb Jahre lang verfügbar."

Unter den Fahndungserfolgen, die mit der Speicherung von Fluggastdaten erzielt wurden (S. 47), finden sich Beispiele aus den bereichen Kinder- und Menschenhandel, Kreditkartenbetrug und Drogenhandel, jedoch kein Hinweis auf Kontrolle möglicher Täter mit terroristischen Absichten. Das EU-Dokument spricht sich dafür aus, nach Vorbild dieser Datenbanken eine eingemottete Initiative für eine europäische Fluggastdatenbank wieder zu aktivieren. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass das bereits eingeführte europäische API-System (Advanced Passenger Information) nicht unbedingt erfolgreich ist: "Das API-System ist in allen Mitgliedstaaten in Betrieb, wird jedoch nur von wenigen genutzt."

Zu den neu einzurichtenden Datenbanken gehört auch ECCP, die European Cyber Crime Platform, die von Europol unterhalten wird, dessen Rolle als Daten-Drehscheibe in Zukunft eine wichtige Rolle spielt. Als Erfolg dieser noch in der Umsetzung befindlichen Maßnahme werden Fälle aus dem französischen Pharos-System genannt, einem Internet-Warnsystem für die Verfolgung von Kinderpornografie. (jk)