Menu Content/Inhalt

Suche

Zitat

Newsfeeds

Wir speichern nicht - Weitere Informationen hier...

Bundesverfassungsgericht hinterfragt Vorratsdatenspeicherung (07.05.2009) Drucken E-Mail

In der größten Verfassungsbeschwerde der Bundesrepublik[1] hat das Bundesverfassungsgericht 13 kritische Fragen zur Vorratsdatenspeicherung an Experten, Verbände und Datenschutzbeauftragte gestellt.[2] Bis zum 10. Juni sollen sich die 12 befragten Experten etwa zu der Frage äußern, inwieweit die Vorratsdatenspeicherung die Bewegungen von Handynutzern und Lkw-Fahrern erfasst und wozu die Aufzeichnungen sonst genutzt werden könnten, welche Straftatbestände ohne Vorratsdatenspeicherung im Wesentlichen leer liefen und ob sich missbräuchliche Zugriffe verhindern lassen.

Das Bundesjustizministerium hat dem Bundesverfassungsgericht unterdessen eine Statistik vorgelegt, derzufolge die Polizei von August 2008 bis Februar 2009 in 1.946 Ermittlungsverfahren anlasslos gespeicherte Telekommunikationsverbindungs- und -positionsdaten angefordert hat.[3] "Diese Statistik lässt nicht auf einen Bedarf nach der Vorratsdatenspeicherung schließen, weil Strafverfolgungsbehörden Vorratsdaten nicht erst anfordern, nachdem der Zugriff auf ohnehin gespeicherte Abrechnungsdaten erfolglos geblieben ist, und weil die Statistik die Relevanz der Vorratsdaten für den Verfahrensausgang nicht erfasst", kommentiert der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Im Übrigen werden jährlich über 6 Mio. Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nur in 0,1% dieser Verfahren wurden überhaupt Vorratsdaten angefordert. Das belegt, dass diese flächendeckende Erfassung des Kommunikations- und Bewegungsverhaltens der gesamten Bevölkerung vollkommen unverhältnismäßig ist."

Im Jahr 2005 hat das Europäische Parlament mit schwarz-roter Mehrheit die sogenannte "Vorratsdatenspeicherung" beschlossen. Seit 2008 wird verdachtslos für die gesamte Bevölkerung aufgezeichnet, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS wird auch der jeweilige Standort festgehalten. Gegen das Gesetz gingen Zehntausende in Deutschland auf die Straße. Im vergangenen Jahr reichten über 34.000 Bürgerinnen und Bürger bei dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde ein. Das Gericht hat die Offenlegung der verdachtslos aufgezeichneten Informationen daraufhin durch einstweilige Anordnungen eingeschränkt.[4] Mit Beschluss vom 22.04.2009 hat es die Einschränkungen für die Dauer weiterer sechs Monate verlängert.[5]

"Betrachtet man die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Fragen näher, stellt man fest, daß das Gericht sehr wohl die Gefahren sieht, die aus der Vorratsdatenspeicherung für andere Zwecke erwachsen können", so Marcus Cheperu vom AK Daten. "Die Gründlichkeit, mit der das Gericht vorgeht, hätten wir indes bereits von Regierung und Parlament erwartet. Und damit ist auch unsere Forderung an die künftigen Abgeordneten im Europäischen Parlament klar: Jeder einzelne Bürger Europas muss auch hinsichtlich EU-Richtlinien die Möglichkeit erhalten, sich an ein unabhängiges europäisches Gericht zu wenden um Grundrechtsbeschränkungen entgegenzuwirken. Deswegen: Kandidaten ansehen, wählen gehen, Bürgerrechte ins Parlament!"

Weitere Informationen zur Verfassungsbeschwerde  

 
< zurück   weiter >