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Brüderle soll Vorratsdatenspeicherung einschränken (06.11.2009) [Update] Drucken E-Mail

 In einem heute veröffentlichten Offenen Brief fordert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) auf, nicht-kommerzielle Internet-Hotspots und E-Mail-Dienste von der Pflicht zur verdachtslosen Verbindungsdatenspeicherung auszunehmen. Hintergrund ist ein Meinungsstreit zwischen EU-Kommission und Bundesnetzagentur über die Reichweite der Pflicht zur Verbindungsdatensammlung.

Am 16. Oktober 2009 teilte EU-Kommissarin Viviane Reding auf Anfrage des FDP-Europaabgeordneten Alvaro mit, zur Vorratsdatenspeicherung seien nur Anbieter verpflichtet, deren Angebot eine "Verbindung zu einer Tätigkeit wirtschaftlicher oder kommerzieller Art" aufweise.[1] Dagegen sieht die Bundesnetzagentur auch nicht-kommerzielle Dienste in der Pflicht, Verbindungsdaten zu protokollieren.[2] Tun sie dies nicht, drohen hohe Bußgelder.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert den neuen Wirtschaftsminister nun zu einer Revision dieses Kurses auf. In dem Schreiben[3] an Brüderle warnt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, die derzeitige Praxis der Bundesnetzagentur bedrohe "die Existenz nicht-kommerzieller Dienste und damit eine wichtige Infrastruktur zur Kommunikation im Internet". Ehrenamtliche Betreiber kostenloser E-Mail-Dienste, offener Internetzugänge und Anonymisierungsdienste ("TOR-Server") seien "finanziell, personell und organisatorisch schlichtweg nicht in der Lage, die gesetzlichen Anforderungen an Telekommunikationsdienste zu erfüllen". Brüderle habe sich in der Vergangenheit stets gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und solle sich nun dafür einsetzen, dass die Bundesnetzagentur von nicht-kommerziellen Dienste keine Vorratsdatenspeicherung mehr verlange.

"Politiker der Großen-Koalitions-Regierung haben zur Verteidigung der Vorratsdatenspeicherung immer wieder vorgebracht, dass ihnen aufgrund der notwendigen Umsetzung der EU-Richtlinie die Hände gebunden seien", sagt Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Nun erwarte ich von den jetzt in Verantwortung stehenden Politikern auch, dass derart deutliche Worte der EU-Kommissarin zur Auslegung der Richtlinie strikt in deutsches Recht überführt und umgesetzt werden. Dazu benötigt die Bundesnetzagentur klare Anweisungen aus der Regierungsebene."

"Die alte Bundesregierung hatte ja stets behauptet, nur eine Minimalumsetzung der EU-Richtlinie vorgenommen zu haben," ergänzt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Den offensichtlichen Widerspruch dieser Worte zur tatsächlichen Lage kann die neue Regierung nun als ersten Schritt aufheben. Unsere eigentliche Forderung, die Freiheitsrechte der Menschen zu achten und die Vorratsdatenspeicherung komplett zu kippen, bleibt natürlich bestehen."

Hintergrund:

Am 15. Dezember 2009 wird das Bundesverfassungsgericht über mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die umstrittene verdachtslose Protokollierung der Verbindungs-, Standort- und Internetzugangsdaten jedes Bürgers verhandeln. Zu den Beschwerdeführern in Karlsruhe zählen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sowie die Bundestagsvizepräsidenten Hermann Otto Solms (FDP), Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Petra Pau (DIE LINKE), außerdem der Bielefelder Rechtsprofessor Prof. Dr. Christoph Gusy, der Bremer Publizist und Rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner, der Bürgerrechtler Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Leiter einer Beratungsstelle der AIDS-Hilfe, die kommerzielle Anbieterin eines Anonymisierungsdienstes, das Vorstandsmitglied des Journalistenvereins "Netzwerk Recherche" Albrecht Ude, der Reutlinger Steuerberater Heinz Raschdorf und der Berliner Strafverteidiger Peter Zuriel. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat die mit über 34.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern größte Verfassungsbeschwerde der Bundesrepublik initiiert.[4]

Der Offene Brief an den Bundeswirtschaftsminister (pdf) 

Ergänzung vom 25.11.2009:

Mit Schreiben vom 24.11.2009 hat der Bundeswirtschaftsminister geantwortet. Herr Brüderle schreibt: "Auch in meinem neuen Amt als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie betrachte ich die Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten weiterhin kritisch und mir liegt auch viel daran, die aus Sicht der Wirtschaft damit verbundenen Probleme zu minimieren. Ich habe daher die Fachleute meines Hauses damit beauftragt, sich der von Ihnen vorgetragenen Probleme anzunehmen und hier Lösungen zu suchen."

Im AK Vorrat werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass das Ministerium der Bundesnetzagentur untersagt, von nicht-kommerziellen Dienste eine Vorratsdatenspeicherung zu verlangen. Wir werden über die weitere Entwicklung der Angelegenheit berichten.

Das Antwortschreiben des Bundeswirtschaftsministers (pdf)  

 
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